Studierende in der ganzen Schweiz bereiten sich auf Proteste gegen geplante Erhöhungen der Studiengebühren vor. Die Bundesregierung schlägt vor, die Gebühren für Schweizer Studierende zu verdoppeln und für internationale Studierende ab 2027 zu vervierfachen. Dieser Schritt ist Teil eines umfassenderen Sparpakets des Bundes, das darauf abzielt, die Staatsausgaben zu senken.
Die Universität Bern hat sich vehement gegen die vorgeschlagenen Änderungen ausgesprochen und erklärt, dass Hochschulbildung für alle zugänglich bleiben sollte, unabhängig vom finanziellen Hintergrund. Studierendenorganisationen mehrerer Universitäten werden sich am Mittwoch in Bern versammeln, um gegen die Massnahmen zu demonstrieren.
Wichtige Erkenntnisse
- Schweizer Studierende sehen sich bis 2027 mit einer möglichen Verdoppelung der Studiengebühren konfrontiert.
- Internationale Studierende könnten eine Vervierfachung ihrer Gebühren erleben.
- Der Bundesrat will jährlich 460 Millionen Schweizer Franken im Bildungsbereich einsparen.
- Die Universität Bern und Studierendengruppen lehnen die Gebührenerhöhungen ab.
- Ein nationaler Studierendenprotest ist in Bern geplant.
Bundesregierung plant Kürzungen bei Bildungsausgaben
Die Schweizer Bundesregierung kündigte Ende Januar Pläne an, ihre finanziellen Beiträge an die Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) und kantonalen Universitäten erheblich zu kürzen. Diese Entscheidung ist Teil eines umfassenderen „Entlastungspakets 27“, das 59 Massnahmen zur Kürzung der Bundesausgaben in fast allen Sektoren umfasst.
Das Hauptziel dieser Kürzungen ist es, ab 2027 jährlich 460 Millionen Schweizer Franken im Bildungssektor einzusparen. Die Regierung argumentiert, dass Universitäten mehr eigene Einnahmen generieren sollten, ein Konzept, das sie als „Stärkung der Nutzerfinanzierung“ bezeichnet.
Aktuelle vs. vorgeschlagene Gebühren
- Aktueller Durchschnitt für Schweizer Studierende: 724 Schweizer Franken pro Semester.
- Vorgeschlagener Durchschnitt für Schweizer Studierende (ab 2027): Ca. 1.448 Schweizer Franken pro Semester.
- Aktueller Durchschnitt für internationale Studierende: 1.168 Schweizer Franken pro Semester.
- Vorgeschlagener Durchschnitt für internationale Studierende (ab 2027): Ca. 4.672 Schweizer Franken pro Semester.
Diese vorgeschlagenen Erhöhungen würden das Studium in der Schweiz erheblich verteuern. Während die Schweizer Gebühren derzeit niedriger sind als in einigen Ländern wie Wales, wo Studierende jährlich rund 9.653 Euro zahlen, würde die geplante Erhöhung die Schweiz unter die Top Ten der Länder in Europa mit den höchsten Studiengebühren katapultieren.
Vergleichende europäische Studienkosten
Nachbarländer haben oft niedrigere Studiengebühren. In Frankreich und Deutschland zahlen einheimische Studierende häufig weniger als 200 Euro pro Jahr. Österreich verzichtet sogar auf Studiengebühren für eigene Staatsbürger sowie für Studierende aus EU-/EWR-Ländern und der Schweiz.
Insgesamt bieten zwölf europäische Länder eine gebührenfreie Hochschulbildung für einheimische Studierende an. Der Vorschlag der Schweizer Regierung zielt darauf ab, einen grösseren Teil der finanziellen Last direkt auf Studierende und ihre Familien zu verlagern.
Das „Entlastungspaket 27“ erklärt
Das „Entlastungspaket 27“ ist ein umfassendes Programm zur Neuausrichtung des Bundeshaushalts. Der Bundesrat stützte seine Auswahl der Massnahmen auf den Gaillard-Bericht, ein von einer Expertenkommission erstelltes Dokument. Dieser Bericht skizziert Wege, wie der Bund künftige Mehrausgaben, wie die für die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und das Militär, ausgleichen kann.
Hintergrund zu den Bundesausgaben
Der Schweizer Bundeshaushalt steht unter zunehmendem Druck aus verschiedenen Bereichen. Der Gaillard-Bericht wurde in Auftrag gegeben, um potenzielle Einsparungen zu identifizieren. Kritiker argumentieren, dass sich das Entlastungspaket 27 zu stark auf Ausgabenkürzungen konzentriert, anstatt Optionen für erhöhte Einnahmen durch Besteuerung zu prüfen.
Der Bundesrat hat die Botschaft zum Entlastungspaket 27 in diesem Monat genehmigt und an das Parlament überwiesen. Beide Kammern des Parlaments werden das Paket während der bevorstehenden Wintersession und im Frühjahr diskutieren. Die Botschaft der Regierung besagt explizit, dass erhöhte Studiengebühren das beabsichtigte Ergebnis dieser spezifischen Massnahme sind.
„Die geplanten Sparmassnahmen drohen, ein Grundrecht in ein Luxusgut zu verwandeln!“
Diese Aussage von Studierendenorganisationen unterstreicht die zentrale Besorgnis, dass Hochschulbildung für viele unzugänglich werden könnte. Die Bundesregierung betrachtet diese Änderungen jedoch als notwendigen Schritt hin zu einem selbsttragenderen Finanzierungsmodell für die Bildung.
Universität Bern und Studierendengruppen lehnen Gebührenerhöhungen ab
Die geplanten Studiengebührenerhöhungen stossen auf starken Widerstand sowohl bei den Studierendenvertretungen als auch bei der Universität Bern selbst. Der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) und die Union des Etudiant-e-s de Suisse (UNES) haben für Mittwoch zu einer nationalen Demonstration auf dem Bundesplatz in Bern aufgerufen.
Studierendenorganisationen der Universität Bern, der Berner Fachhochschule und der Pädagogischen Hochschule Bern werden teilnehmen. In ihrem gemeinsamen Positionspapier kritisieren diese Gruppen die vorgeschlagenen Gebührenerhöhungen scharf.
Sie argumentieren, dass „Hochschulbildung eine zentrale Rolle bei der Förderung sozialer Mobilität, individueller wirtschaftlicher Freiheit und des gesamten gesellschaftlichen Fortschritts spielt.“ Sie warnen, dass die vorgeschlagenen Massnahmen ein Grundrecht in ein Luxusgut verwandeln könnten, was die Chancen für viele junge Menschen einschränken würde.
Bedenken hinsichtlich der Chancengleichheit
Die Studierendenorganisationen weisen auch darauf hin, dass das aktuelle Stipendiensystem nicht ausreicht, um höhere Gebühren für finanziell benachteiligte Studierende auszugleichen. Diese Unzulänglichkeit würde die Chancengleichheit in der Bildung beeinträchtigen.
Die Universität Bern teilt diese Bedenken. Ihr Medienbüro erklärte: „Die Universität Bern steht einer generellen Erhöhung der Semestergebühren grundsätzlich kritisch gegenüber. Bildung sollte unabhängig von den finanziellen Mitteln zugänglich sein.“
Die Universität stellte ferner fest, dass auch ohne erhöhte Gebühren Herausforderungen hinsichtlich der Chancengleichheit bestehen. Kinder von Akademikern besuchen bereits deutlich häufiger eine Universität als solche ohne akademische Vorbilder in ihren Familien. Höhere Gebühren würden diese Ungleichheit verschärfen.
Ablehnung des amerikanischen Finanzierungsmodells
Die Universität Bern lehnt die Idee eines „Nutzerfinanzierungsmodells“ für Universitäten, ähnlich dem amerikanischen System, explizit ab. Sie ist der Meinung, dass das amerikanische Modell nicht für die Schweiz geeignet ist.
„Die öffentliche Finanzierung einer exzellenten akademischen Ausbildung ist eine der besten Zukunftsinvestitionen, die ein Staat tätigen kann“, erklärte die Universität. Diese Position betont die langfristigen gesellschaftlichen Vorteile einer zugänglichen Hochschulbildung.
Der weit verbreitete Widerstand von Studierenden und Universitäten deutet darauf hin, dass die parlamentarische Debatte bedeutsam sein wird. Die Auswirkungen dieses Widerstands auf die Gesetzgeber werden davon abhängen, wie sichtbar und breit unterstützt die Proteste erscheinen. Die für Mittwoch geplante Demonstration wird ein erster Indikator für diese Unterstützung sein.




