Zwei führende Forscherinnen der Universität Bern, Wanda Kukulski und Paola Luciani, haben jeweils hochbegehrte ERC Synergy Grants erhalten. Diese prestigeträchtigen Auszeichnungen der Europäischen Union werden bahnbrechende Projekte in der Zellbiologie und Medikamentenverabreichung finanzieren und die internationale Zusammenarbeit in den nächsten sechs Jahren fördern.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Forscherinnen der Universität Bern, Wanda Kukulski und Paola Luciani, erhielten ERC Synergy Grants.
- Diese Fördergelder im Wert von bis zu 10 Millionen Euro unterstützen kollaborative Forschung über sechs Jahre.
- Schweizer Forscher sind nach einem Ausschluss im Jahr 2021 wieder für ERC-Förderungen zugelassen.
- Kukulskis Projekt, MitoContact, erforscht mitochondriale Interaktionen innerhalb von Zellen.
- Lucianis Projekt, CARAMEL, entwickelt neue Methoden zur Medikamentenverabreichung, um Zellmembranen zu umgehen.
Die Schweiz wieder bei Horizon Europe Förderungen dabei
Die ERC Synergy Grants gehören zu den renommiertesten Forschungsstipendien in Europa. Sie werden von Horizon Europe, dem Forschungs- und Innovationsprogramm der Europäischen Union, unterstützt. Zum ersten Mal seit 2021 waren Schweizer Forscher berechtigt, sich für diese hart umkämpften Fördergelder zu bewerben. Diese Berechtigung markiert einen bedeutenden Fortschritt in den Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU, wobei die offizielle Assoziierung der Schweiz mit Horizon Europe bis Ende des Jahres erwartet wird.
Diese Wiederaufnahme ist ein grosser Schub für Schweizer Wissenschaftsinstitutionen. Die Möglichkeit, an solch hochrangigen europäischen Forschungsinitiativen teilzunehmen, ermöglicht eine stärkere Zusammenarbeit und den Austausch von Ressourcen auf dem gesamten Kontinent. Sie stärkt auch die Position der Schweiz als wichtiger Akteur im globalen wissenschaftlichen Fortschritt.
Fakten zu den Fördergeldern
- Förderung: Bis zu 10 Millionen Euro pro Projekt.
- Dauer: Sechs Jahre Forschungsunterstützung.
- Erfolgsquote: 66 Projekte von 712 Anträgen gefördert (ca. 9%).
- Geschlechtervielfalt: 25% der geförderten Projektforscher sind Frauen.
MitoContact Projekt: Zellgeheimnisse entschlüsseln
Professor Dr. Wanda Kukulski vom Institut für Biochemie und Molekulare Medizin der Universität Bern leitet das MitoContact-Projekt. Ihr Team konzentriert sich auf Mitochondrien, oft als die 'Kraftwerke der Zelle' bezeichnet. Mitochondrien erfüllen jedoch viele weitere Funktionen, einschliesslich Stoffwechsel- und Signalwege. Kukulskis Forschung untersucht speziell, wie Mitochondrien an entscheidenden Punkten, den Membrankontaktstellen, mit anderen Zellorganellen interagieren.
Diese Kontaktstellen sind entscheidend für den Austausch von Molekülen und Signalen, Prozesse, die die Zellfunktion untermauern. „Das Ziel des MitoContact-Projekts ist es, ein tiefes Verständnis der Funktion, Architektur und Dynamik dieser Kontaktstellen zu gewinnen“, erklärte Kukulski. Das Verständnis dieser Interaktionen ist essenziell, um sowohl gesunde als auch kranke Zellzustände zu verstehen.
„Durch die Kombination modernster Technologien wie chemische Biologie, Lebend-Fluoreszenzmikroskopie und 3D-Elektronenmikroskopie können wir molekulare Ereignisse, die der Funktionalität unserer Zellen zugrunde liegen, präzise lokalisieren und visualisieren.“
Fortschrittliche Bildgebungstechniken
Das MitoContact-Projekt wird modernste Technologien einsetzen. Fortschrittliche Lebend-Fluoreszenzbildgebung und 3D-Elektronenmikroskopie werden mit chemisch-biologischen Werkzeugen kombiniert. Dies ermöglicht es den Forschenden, molekulare Ereignisse mit beispielloser Präzision zu identifizieren. Kukulskis Gruppe bringt Expertise in der korrelativen Licht- und Elektronenmikroskopie mit, einer Technik, die bereits zur hochauflösenden Visualisierung von Membrankontaktstellen eingesetzt wird.
Diese kollaborative Anstrengung umfasst Labore der EPFL (Schweiz) und des MPI für medizinische Forschung in Heidelberg (Deutschland). Der umfassende Ansatz zielt darauf ab, kritische Wissenslücken über molekulare Mechanismen zu schliessen. Dieses neue Verständnis könnte den Weg für die Entwicklung neuartiger therapeutischer Strategien für verschiedene Krankheiten ebnen.
Was sind Mitochondrien?
Mitochondrien sind komplexe Organellen innerhalb von Zellen. Neben der Energieproduktion spielen sie eine Rolle im Zellstoffwechsel, der Signalübertragung und dem programmierten Zelltod. Sie interagieren ständig mit anderen Teilen der Zelle über spezialisierte physikalische Schnittstellen, sogenannte Membrankontaktstellen, die für den Austausch von Materialien und Informationen entscheidend sind.
CARAMEL Projekt: Revolutionierung der Medikamentenverabreichung
Professor Dr. Paola Luciani vom Departement für Chemie, Biochemie und Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Bern leitet das CARAMEL-Projekt. Ihre Forschung zielt darauf ab, innovative Lösungen in der Medikamentenverabreichung zu entwickeln. Viele vielversprechende therapeutische Moleküle, wie Peptide und Proteine, können ihre Ziele in den Zellen nicht erreichen, da sie die schützende Zellmembran nicht überwinden können.
„Viele vielversprechende therapeutische Moleküle werden nicht eingesetzt, weil sie die schützende Zellmembran nicht durchdringen und somit nicht ins Zellinnere gelangen können“, erklärte Luciani. Das CARAMEL-Projekt stellt konventionelle Prinzipien des Medikamentendesigns in Frage. Es schlägt einen grundlegend neuen Mechanismus für den zellulären Transport vor, der die Art und Weise, wie Medikamente verabreicht werden, revolutionieren könnte.
„Mit dem CARAMEL-Projekt können wir unsere Expertise bündeln, um einen grundlegend neuen Mechanismus für den zellulären Transport zu entwickeln. Dies könnte unser Verständnis von Membrantransportmechanismen revolutionieren und eine neue Form von Therapien ermöglichen.“
Neuer Transportmechanismus für Therapien
Das CARAMEL-Projekt gilt als bahnbrechend, da es alle bisherigen Annahmen darüber, wie ein molekularer Transporter aussehen und funktionieren sollte, in Frage stellt. Durch die Entschlüsselung dieses neuen biologischen Weges hat die Forschung das Potenzial, die Grundlagen der Membrantransportforschung zu erschüttern. Die 10 Millionen Euro Förderung wird eine systematische Untersuchung dieses neuartigen Transportphänomens ermöglichen.
Das ultimative Ziel ist es, sein Potenzial für therapeutische Anwendungen zu validieren. Dazu gehört die Bereitstellung eines Proof-of-Principle für zukünftige medizinische Entwicklungen, wie innovative Strategien zur Krebsbehandlung. Das CARAMEL-Team umfasst vier Hauptforscher von führenden europäischen Universitäten. Dazu gehören Forscher aus Spanien, Deutschland und der Schweiz, was den internationalen Umfang des Projekts unterstreicht.
Forschungsexzellenz der Universität Bern
Hugues Abriel, Vizerektor für Forschung und Innovation an der Universität Bern, äusserte seine Begeisterung über diese Erfolge. „Wir freuen uns ausserordentlich, dass zwei Spitzenforscherinnen der Universität Bern im Rahmen der ERC Synergy Grants bedeutende Synergieprojekte mit internationalen Teams durchführen“, sagte Abriel.
Er fügte hinzu, dass dieser Erfolg ein wichtiges und ermutigendes Signal aussendet. „Dies sendet auch ein wichtiges und ermutigendes Signal für alle Nachwuchsforschenden in Bern und darüber hinaus“, schloss Abriel. Die Anerkennung unterstreicht das Engagement der Universität Bern für Spitzenforschung und ihre Fähigkeit, wissenschaftliche Talente anzuziehen.
- Die ERC Synergy Grants fördern die kollaborative Forschung in ganz Europa.
- Projekte zielen darauf ab, das grundlegende Verständnis der Zellbiologie und Medikamentenverabreichung voranzutreiben.
- Die Fördergelder unterstreichen die Bedeutung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit.

