Der Kanton Bern steht erneut unter Druck, seine Steuerpolitik für Unternehmen zu reformieren, da ein aktueller Bericht seine unzureichende Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Kantonen aufzeigt. Insbesondere das benachbarte Luzern hat nach seiner Niedrigsteuerstrategie ein signifikantes Wirtschaftswachstum erlebt, was Forderungen an Bern laut werden lässt, die eigenen Ausgaben und die Unternehmenssteuersätze zu senken.
Wichtige Erkenntnisse
- Luzern hat nach der Umsetzung erheblicher Steuersenkungen ein starkes Wirtschaftswachstum erfahren.
- Bern rangiert zum sechsten Mal in Folge bei den Gewinnsteuern für Unternehmen unter allen Schweizer Kantonen an letzter Stelle.
- Die Steuerdifferenz zwischen Bern und dem Schweizer Durchschnitt hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten verdoppelt.
- Wirtschaftsführer in Bern plädieren für tiefgreifende Ausgabenkürzungen, um Steuersenkungen zu ermöglichen.
Luzerns Niedrigsteueransatz treibt Wachstum voran
Vor fast zwei Jahrzehnten leitete der Kanton Luzern erhebliche Steuersenkungen ein. Viele Beobachter waren skeptisch und argumentierten, dass ein grosser Kanton mit umfangreicher Infrastruktur und öffentlichen Dienstleistungen eine solche Strategie nicht finanzieren könne. Doch nach einer anfänglichen Anpassungsphase hat sich Luzerns Ansatz als erfolgreich erwiesen.
Die Unternehmenssteuersätze des Kantons wurden auf ein Niveau gesenkt, das fast dem von Zug, einem für seine niedrigen Steuern bekannten Kanton, entspricht. Dieser Schritt löste eine erhebliche wirtschaftliche Aktivität aus. Luzern meldet nun Haushaltsüberschüsse in dreistelliger Millionenhöhe. Auch die Bevölkerung wächst, was Luzern voraussichtlich bis 2027 einen zusätzlichen Sitz im Nationalrat bescheren wird.
"Die Luzerner Wirtschaft boomt. Der Kanton verzeichnet Überschüsse in dreistelliger Millionenhöhe, und die Bevölkerung wächst, sodass Luzern bis 2027 einen zusätzlichen Nationalratssitz erhalten wird, während Bern einen weiteren verlieren wird", erklärte Henrik Schoop, Direktor der Berner Handels- und Industriekammer (HIV).
Berns mangelnde Steuerwettbewerbsfähigkeit
Die Berner Handels- und Industriekammer (HIV) beauftragt KPMG, ein Beratungsunternehmen, mit der Erstellung eines jährlichen Steuermonitors. Der am Dienstag veröffentlichte jüngste Bericht bestätigt eine ernüchternde Realität für Berner Unternehmen: Zum sechsten Mal in Folge hat Bern die höchsten Gewinnsteuern für Unternehmen unter allen Schweizer Kantonen.
Steuerungleichheit
- Berns Gewinnsteuersätze für Unternehmen sind die höchsten in der Schweiz.
- Bei den Einkommenssteuern haben nur Waadt und Genf höhere Höchstsätze als Bern.
- Luzern rangiert bei den Einkommenssteuersätzen an 10. Stelle, was auf ein günstigeres Umfeld hindeutet.
Obwohl Bern seinen Unternehmenssteuersatz 2024 von 21,04 Prozent auf 20,54 Prozent leicht gesenkt hat und eine weitere Senkung für 2029 geplant ist, reichen diese Schritte nicht aus. HIV-Direktor Schoop würdigt die Bemühungen des Kantons unter Finanzdirektorin Astrid Bärtschi (Die Mitte). Er betont jedoch, dass die aktuellen Pläne bei weitem nicht ausreichen, um das Mittelfeld bei den kantonalen Steuerbelastungen zu erreichen.
Wachsende Kluft zum Landesdurchschnitt
Frank Roth von KPMG, der Autor des Steuermonitors, hob einen kritischen Trend hervor. Bern rangiert seit Jahren konstant unter den letzten bei der Steuerwettbewerbsfähigkeit. Die Kluft zwischen Berns Unternehmenssteuersätzen und dem Schweizer Durchschnitt hat sich jedoch erheblich vergrössert. Dies liegt daran, dass andere Kantone ihre Unternehmenssteuern viel aggressiver gesenkt haben.
Historische Steuertrends
Im Jahr 2007 lag Berns Unternehmenssteuersatz bei 23,4 Prozent. Der Schweizer Durchschnitt betrug damals 20,8 Prozent. Bis 2025 wird der Schweizer Durchschnitt voraussichtlich auf 14,4 Prozent sinken. Das bedeutet, dass Berns Differenz zum Landesdurchschnitt von knapp 3 Prozentpunkten auf über 6 Prozentpunkte gestiegen ist.
Diese wachsende Disparität benachteiligt Bern bei der Anziehung und Bindung von Unternehmen. Unternehmen suchen nach günstigen Steuerbedingungen, wenn sie entscheiden, wo sie investieren und tätig werden. Die aktuelle Situation in Bern macht es im Vergleich zu Kantonen wie Luzern weniger attraktiv.
Fokus auf Ausgabenkürzungen
Daniel Arn, Präsident der Berner Handels- und Industriekammer (HIV), argumentiert, dass Bern kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem habe. Er ist der Meinung, dass die hohen Ausgaben des Kantons ihn daran hindern, wettbewerbsfähige Steuersätze anzubieten. Die Reduzierung der öffentlichen Ausgaben ist der Schlüssel zur Schaffung von fiskalischem Spielraum für Steuererleichterungen.
Arn räumt ein, dass die Debatte über geplante Steuersenkungen im Kantonsparlament herausfordernd sein wird. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den potenziellen Einnahmeausfall für die Gemeinden. Er merkt auch an, dass viel mehr Lobbyarbeit notwendig wäre, um die umfassenderen Forderungen der HIV nach einer Steuerreform zu erreichen.
Die Berner Wirtschaft drängt die Politik zu mutigeren Schritten. Sie ist der Ansicht, dass ein wettbewerbsfähigeres Steuerumfeld für die langfristige wirtschaftliche Gesundheit und den Wohlstand des Kantons unerlässlich ist. Ohne signifikante Änderungen riskiert Bern, weiter hinter seinen fiskalisch agileren Nachbarn zurückzufallen.
Der Weg nach vorn für Bern
Um seine Position zu verbessern, muss Bern eine umfassende Strategie in Betracht ziehen. Diese Strategie würde nicht nur gezielte Steuersenkungen, sondern auch eine kritische Überprüfung der öffentlichen Ausgaben umfassen. Aus dem Erfolg von Kantonen wie Luzern könnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden.
Die Anziehung von Unternehmen und die Förderung des Wirtschaftswachstums erfordert oft einen proaktiven Ansatz in der Steuerpolitik. Die aktuelle Situation, in der Bern bei der Unternehmenssteuerwettbewerbsfähigkeit konstant an letzter Stelle rangiert, deutet darauf hin, dass eine aggressivere Reformagenda erforderlich ist, um die wirtschaftliche Zukunft des Kantons zu sichern.




