Schweizer Flughäfen, einschliesslich wichtiger Einrichtungen wie Bern-Belp, weisen erhebliche Schwachstellen gegenüber Drohnenangriffen auf. Dies geschieht, während verdächtige Drohnenaktivitäten in ganz Europa zunehmen. Experten warnen, dass die aktuellen Abwehrmassnahmen unzureichend sind, um potenziellen Bedrohungen zu begegnen, die kritische Infrastrukturen erheblich beschädigen könnten.
Wichtige Erkenntnisse
- Europäische Flughäfen melden zunehmende verdächtige Drohnenvorfälle.
- Das Schweizer BAZL verzeichnete dieses Jahr 50 kritische Drohnenvorfälle.
- Den meisten Schweizer Flughäfen fehlen fortschrittliche Drohnenerkennungssysteme.
- Die Schweizer Armee plant 100 Millionen Franken für Drohnenabwehrsysteme.
Zunehmende Drohnenvorfälle in ganz Europa
Berichte über verdächtige Drohnenflüge sind in ganz Europa häufig. Diese Vorfälle ereignen sich in der Nähe von Militärstützpunkten, Energieanlagen und Flughäfen. Kürzlich störten Drohnen den Betrieb an den Flughäfen Kopenhagen und Oslo. Unbemannte Flugobjekte flogen auch über fünf Flughäfen in Dänemark. Sichtungen wurden auch in der Nähe eines wichtigen Marinestützpunktes in Südschweden gemeldet.
Deutsche Sicherheitsbehörden haben seit Beginn des Ukraine-Krieges einen deutlichen Anstieg solcher Vorfälle festgestellt. Deutschland rüstet seine Systeme nun auf, um Drohnen effektiver zu erkennen. Diese Geräte sind keine blossen Spielzeuge mehr; sie stellen ein echtes Sicherheitsrisiko dar. Der anhaltende Konflikt verdeutlicht, wie kleine Drohnen Probleme für kritische Infrastrukturen verursachen können.
Statistik der Drohnenvorfälle
- 2024: Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) verzeichnete 68 Meldungen über potenzielle Konflikte zwischen bemannten Flugzeugen und Drohnen.
- Aktuelles Jahr: Das BAZL hat bereits 50 solcher Vorfälle registriert.
- Die meisten Vorfälle betreffen Freizeitdrohnen.
Schweizer Bereitschaft hinkt hinterher
Untersuchungen zeigen, dass die Schweiz auf Drohnenbedrohungen nicht ausreichend vorbereitet ist. Dies trotz einer steigenden Anzahl von Drohnenbeobachtungen in der Nähe von Flughäfen. Ein BAZL-Sprecher erklärte: „Die Zahl der Vorfälle hat in den letzten drei Jahren wieder zugenommen.“
Nur wenige Schweizer Flughäfen verfügen über moderne Drohnenerkennungssysteme. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) stellt fest, dass solche Systeme „relativ neu“ sind. Sie sind derzeit an „nur wenigen Flughäfen“ in Betrieb.
Flughäfen ergreifen Massnahmen
Einige Schweizer Flughäfen haben begonnen, ihre Abwehrmassnahmen zu verbessern. Der Regionalflughafen St. Gallen-Altenrhein war ein Pionier. Im Jahr 2020 installierte er ein professionelles Erkennungssystem. Dieses System verwendet mehrere passive Sensoren, die mit dem australischen Unternehmen DroneShield entwickelt wurden. Es stört keine anderen Systeme.
Wenn ein Alarm ausgelöst wird, liefert das System dem Kontrollturm die Position der Drohne. Es bietet auch ein Live-Bild der Drohne. Der Flughafen St. Gallen-Altenrhein beherbergt viele Privatjets und verzeichnet während des Weltwirtschaftsforums (WEF) häufigen Verkehr. Dies führte zu seiner Investition in fortschrittliche Drohnenerkennung.
Internationale Vorschriften
Das BAZL verweist auf internationale Flughafenregelungen. „Diese legen nicht fest, wie die Gefahr von Drohnen zu begegnen ist“, sagt BAZL-Sprecher Christian Schubert. Dieser Mangel an spezifischen Richtlinien bedeutet, dass Flughäfen ihre eigenen Drohnenabwehrstrategien festlegen müssen.
Auch der Flughafen Zürich verfügt über ein ähnliches System. Andrea Bärwalde, eine Sprecherin, bestätigte, dass „ein Drohnenerkennungssystem seit Anfang des Jahres in Betrieb ist.“ Dieses System erkennt Drohnen in Echtzeit und gibt Warnungen aus. Es kann sowohl registrierte als auch nicht registrierte Drohnen identifizieren.
„Dadurch können sicherheitsrelevante Vorfälle dokumentiert und bei Bedarf nachverfolgt werden“, erklärten die Verantwortlichen des Flughafens Zürich. In Notfällen kann der Flugverkehr gestoppt werden.
Andere grosse Flughäfen sind weniger transparent. Der Flughafen Genf erklärte, er habe Aktionspläne für Drohnenangriffe. Er bestätigte jedoch nicht, ob ein Erkennungssystem vorhanden ist. „Aus Sicherheitsgründen geben wir vertrauliche Massnahmen nicht öffentlich bekannt“, sagte ein Sprecher. Der Euro-Airport Basel gab ähnlich vage Antworten.
Die Anfälligkeit des Flughafens Bern-Belp
Der Flughafen Bern-Belp ist offener bezüglich seiner Situation. Urs Ryf, Verwaltungsratspräsident und CEO des Flughafens Bern, gab zu: „Es stimmt, der Flughafen Bern-Belp verfügt über kein Drohnenerkennungssystem. Das wäre für Regionalflughäfen einfach zu teuer.“
Bern-Belp wickelt regelmässig Privatjets ab. Dazu gehören Flüge des Bundesrates mit Flugzeugen des Lufttransportdienstes. Auch Staatsoberhäupter anderer Länder landen oft in Belpmoos.
Flughafen-CEO Urs Ryf erklärte: „Es bleibt ein Restrisiko, dass eine kleine Drohne beim Start und bei der Landung mit einem Flugzeug kollidieren oder in ein Triebwerk geraten könnte.“
Ryf betonte, dass der Flughafen rund um die Uhr überwacht wird. Er fügte jedoch hinzu, dass Angriffe oder Sabotage „nie vollständig ausgeschlossen werden können.“ Er bemerkte: „Das gilt nicht nur für unser Flugfeld und nicht nur für Drohnen. Terroristen könnten auch andere Mittel einsetzen.“
Die Bedrohung durch kleine Drohnen
Mit etwas technischem Wissen wäre ein Angriff auf ein abfliegendes Flugzeug mittels Drohne nicht schwierig. Die Auswirkungen könnten verheerend sein. Ein Quadrocopter, eine batteriebetriebene Drohne mit vier horizontalen Propellern, ist ausreichend. Hunderttausende Hobby-Piloten weltweit nutzen diese Drohnen, die etwa tausend Franken kosten.
Roland Siegwart, Drohnenexperte an der ETH Zürich, erklärte: „Dank integriertem GPS können solche Drohnen sehr präzise gesteuert werden.“ Diese Drohnen verfügen typischerweise über ein Geo-Fencing-System. Dieses System hindert sie automatisch daran, sich kritischen Infrastrukturen wie Flughäfen zu nähern. Siegwart sagte jedoch, dass dieses System mit dem richtigen Fachwissen leicht entfernt werden kann.
Potenzial für eine Katastrophe
Basierend auf Informationen aus Nordeuropa glaubt Siegwart, dass die dort gesichteten Drohnen Quadrocopter waren. Ihre Fähigkeit, über grosse Flughäfen zu fliegen, zeigt, dass sie Geo-Fencing-Systeme überwunden haben. Dies ermöglichte ihnen den Zutritt zu gesperrten Flughafenbereichen.
Siegwart warnt, dass Terroristen oder Saboteure mit nur einem Quadrocopter auf einem Flughafengelände eine Katastrophe verursachen könnten. „Solche Drohnen können problemlos 500 Gramm Sprengstoff oder mehr transportieren“, sagte er. Dies könnte „verheerenden Schaden auf einem Flughafen anrichten.“ Zum Beispiel könnte eine Drohne beim Start einen Sprengsatz an einem Flugzeugflügel anbringen. Sie könnte auch auf der Landebahn während eines Anflugs detonieren.
Risiko von Triebwerksschäden
Das BAZL erkennt die Risiken ebenfalls an. „Die grösste Gefahr durch eine Drohne, die in der Nähe eines Flughafens fliegt, ist das Kollisionsrisiko mit einem Flugzeug“, sagte BAZL-Sprecher Schubert. „Dazu gehören Gefahren durch rechtswidrige Handlungen oder Terrorismus.“ Wenn eine Drohne mit einem Gewicht von 250 bis 500 Gramm in ein Triebwerk gerät, „könnte dies im schlimmsten Fall zu einem Triebwerksausfall führen“, fügte Schubert hinzu.
Herausforderungen in der Drohnenabwehr
Selbst Flughäfen mit der besten Ausrüstung und modernen Detektoren sind nicht vollständig vor Drohnen sicher. ETH-Experte Siegwart erklärte: „Bislang gibt es kein Abwehrsystem, das wirklich guten Schutz bietet.“
Theoretisch könnte ein Quadrocopter mit einer Schusswaffe abgeschossen werden. Das Treffen der Drohne kann jedoch sehr schwierig sein. Drohnen können auf unvorhersehbaren Zickzack-Flugbahnen gesteuert werden. Das Abschiessen mit Streumunition gilt als die vielversprechendste Methode. Automatisierte Abwehrsysteme existieren, sind aber nicht narrensicher. „Es gibt einen ständigen Wettlauf zwischen Drohnenherstellern und Entwicklern von Abwehrsystemen“, bemerkte Siegwart.
Militärische Bereitschaft
In ganz Europa bereiten sich nicht nur zivile Flughäfen und die Polizei auf Drohnenbedrohungen vor. Auch das Militär ist an der Drohnenabwehr interessiert. Im vergangenen Sommer berichtete die „NZZ am Sonntag“ über eine Drohnenabwehrübung der Schweizer Armee. Während dieser Übung wurden zahlreiche andere unbemannte Flugobjekte über dem Militärflugplatz Meiringen entdeckt. Diese Flugobjekte sollen die Anlagen der Luftwaffe ausgekundschaftet haben.
Armee-Vertreter sprachen offen von Spionageverdacht. Russland und China gelten als potenzielle Bedrohungen. Während ihrer Übungen in der Schweiz testete die Armee Störsender. Störsender unterbrechen den Funkkontakt zu Drohnen. Einige Systeme können sogar die Kontrolle über fremde Drohnen übernehmen. Tests zeigten jedoch ein weiteres Problem: Diese Abwehrmassnahmen können auch zivile Frequenzen stören. Dies kann Smartphones, Navigation und Internetzugang beeinträchtigen.
Derzeit fehlen der Armee wirksame Mittel zur Drohnenabwehr auf mittlere und lange Distanz. Ein am Freitag veröffentlichter Bericht des Bundesrates zur Drohnenabwehr zeigte erhebliche Lücken auf. Sollten russische Drohnen über der Schweiz auftauchen, wären sie schwer zu bekämpfen. Das VBS (Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) hat 100 Millionen Franken für die Drohnenabwehr bereitgestellt. Davon sind 70 Millionen für Grundlagenforschung und erste Systeme gegen Mini-Drohnen vorgesehen. Weitere 30 Millionen sind für zusätzliche Beschaffungen. Doch selbst diese Mittel könnten nicht ausreichen, um bis 2033 einen wirksamen Schutz aufzubauen.