Das Sponsoring der bevorstehenden Eidgenössischen Jugendsession durch die Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas hat in Bern eine politische Debatte ausgelöst. Die jährliche Veranstaltung, die 200 jungen Menschen die Möglichkeit bietet, sich im Bundeshaus politisch auszutauschen, wird Sterbehilfe als zentrales Diskussionsthema behandeln, was Fragen nach der Angemessenheit der Partnerschaft aufwirft.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas sind offizielle Sponsoren der Eidgenössischen Jugendsession 2025.
- Die Veranstaltung bringt 200 junge Schweizer Bürgerinnen und Bürger ins Bundeshaus, um über nationale Themen zu debattieren.
- Debatten über Sterbehilfe stehen auf der offiziellen Agenda, ein Thema, das von den Jugendteilnehmenden selbst gewählt wurde.
- Das Sponsoring hat eine tiefe Spaltung unter Schweizer Politikern hervorgerufen; einige nennen es unangemessen, andere verteidigen es als realistisch.
- Die Organisatoren geben an, Ziel sei es, die politische Partizipation bei allen Themen, einschliesslich komplexer ethischer Fragen, zu fördern.
Jährliches Jugendparlament sieht sich Sponsoring-Kontroverse gegenüber
Jedes Jahr öffnet das Bundeshaus in Bern seine Türen für 200 junge Menschen aus der ganzen Schweiz zur Eidgenössischen Jugendsession. Die Veranstaltung, die vom 6. bis 9. November stattfindet, bietet Personen im Alter von 14 bis 21 Jahren eine Plattform, um in die Rolle nationaler Parlamentarier zu schlüpfen, drängende Themen zu debattieren und politische Forderungen zu formulieren.
Die Veranstaltung wird von jungen Freiwilligen des Schweizerischen Dachverbandes der Jugendparlamente (SAJV) organisiert. Sie ist auf eine breite Palette von Sponsoren angewiesen, darunter mehrere Bundesämter wie das Bundesamt für Cybersicherheit und das Staatssekretariat für Migration.
Die Aufnahme zweier spezifischer Namen in die Liste der Hauptsponsoren für die Session 2025 hat jedoch erhebliche Aufmerksamkeit erregt. Exit und Dignitas, die bekanntesten Sterbehilfeorganisationen der Schweiz, leisten finanzielle Unterstützung, ein Schritt, der unter nationalen Politikern eine beträchtliche Debatte ausgelöst hat.
Was ist die Eidgenössische Jugendsession?
Die Eidgenössische Jugendsession ist eine viertägige politische Veranstaltung, die jährlich in der Schweiz stattfindet. Sie simuliert die Arbeitsweise des Schweizer Parlaments und ermöglicht jungen Bürgerinnen und Bürgern, den Gesetzgebungsprozess hautnah zu erleben. Die Teilnehmenden diskutieren in Arbeitsgruppen Themen ihrer Wahl, entwerfen Vorschläge und stimmen in einer Plenarsitzung im Nationalratssaal darüber ab. Die daraus resultierenden Forderungen werden dann formell dem eigentlichen Parlament unterbreitet.
Sterbehilfe auf der Agenda
Die Kontroverse wird durch die offizielle Agenda der Session verstärkt. Neben Themen wie Chancengleichheit, Freizügigkeit und Neutralität werden sich die jungen Teilnehmenden auch mit Debatten über Sterbehilfe befassen. Diese Übereinstimmung eines Debattenthemas mit der Mission seiner Sponsoren hat ethische Fragen aufgeworfen.
Der SAJV stellt klar, dass die Themen nicht von Sponsoren beeinflusst werden. Aina Waeber, Kommunikationsleiterin des SAJV, erläuterte den Auswahlprozess. „Die Themenwahl für die Jugendsession wird von den Jugendlichen selbst vorgenommen“, erklärte sie. Waeber vermutet, dass eine erhöhte Medienberichterstattung über Fragen am Lebensende den Wunsch bei Jugendlichen geweckt haben könnte, das Thema eingehender zu erforschen.
Exit bewirbt auf seiner Website seine Mission als Eintreten für „Eigenverantwortung in der letzten Lebensphase“. Die Beteiligung der Organisation an einer jugendorientierten Veranstaltung ist ungewöhnlich, da ihre Dienste typischerweise mit älteren Personen oder Personen mit unheilbaren Krankheiten in Verbindung gebracht werden.
Veranstaltungsdetails auf einen Blick
- Was: Eidgenössische Jugendsession 2025
- Wann: 6.-9. November
- Wo: Bundeshaus, Bern
- Wer: 200 Teilnehmende im Alter von 14-21 Jahren
- Veranstalter: Schweizerischer Dachverband der Jugendparlamente (SAJV)
Eine gespaltene politische Reaktion
Das Sponsoring hat eine klare Spaltung unter Schweizer Politikern hervorgerufen. Einige sehen darin eine unangemessene Nutzung einer Plattform für junge Menschen, während andere es als wertvolle Gelegenheit für eine realitätsnahe Diskussion betrachten.
Opposition nennt ethische Bedenken
Christian Lohr, Nationalrat der Partei Die Mitte aus dem Thurgau, äusserte starke Missbilligung der Partnerschaft.
„Ich lehne das konsequent ab. Ich finde nicht, dass die Jugendsession für die Darstellung von Sterbehilfeorganisationen missbraucht werden sollte.“
Lohrs Hauptbedenken sind ethischer Natur. Er glaubt, dass der Fokus für junge Menschen auf dem Aufbau einer Zukunft liegen sollte. „Gerade jungen Menschen sollen Perspektiven fürs Leben aufgezeigt und sie sollen darin unterstützt werden, ihre Wünsche und Ideen zu gestalten“, argumentierte er.
Unterstützung für eine „realistische“ Debatte
Im Gegensatz dazu findet Vroni Thalmann-Bieri, Nationalrätin der Schweizerischen Volkspartei (SVP) aus Luzern, das Sponsoring akzeptabel und sogar vorteilhaft.
„Ich finde das realistisch“, kommentierte sie. „Das kann auch Diskussionsstoff liefern – was ja gerade der Sinn der Jugendsession ist.“ Thalmann-Bieri sieht die Präsenz von Exit und Dignitas nicht als problematisch an.
„Ich sehe hier kein Konfliktpotenzial, sondern eher eine gute Lebensschule. Der Tod gehört zum Leben, und das beginnt mit der Geburt.“
Sie glaubt, dass die Auseinandersetzung mit schwierigen Themen ein entscheidender Teil der politischen Bildung ist und dass deren Vermeidung den jungen Teilnehmenden einen schlechten Dienst erweisen würde.
Organisatoren verteidigen Partnerschaft und Reife der Jugend
Der SAJV steht zu seiner Entscheidung, mit Exit und Dignitas zusammenzuarbeiten, und betont die Kernmission der Jugendsession.
„Der Zweck der Jugendsession ist es, die Partizipation von Jugendlichen zu unterstützen“, sagte Aina Waeber. Sie betonte, dass dies auch Themen einschliesse, die schwierige ethische Fragen aufwerfen. Die Organisation vertraut auf die Fähigkeit der Teilnehmenden, das Thema mit der nötigen Ernsthaftigkeit zu behandeln.
Waeber fügte hinzu: „Aus langjähriger Erfahrung wissen wir, dass Jugendliche durchaus in der Lage sind, solche Diskussionen professionell und analytisch zu führen, meist weniger polemisch als das Parlament und ohne versteckte Eigeninteressen.“
Die breitere gesellschaftliche Debatte um Sterbehilfe dreht sich oft um die Spannung zwischen individueller Freiheit und kollektiver Verantwortung. Die Diskussionen an der Jugendsession im November werden einen einzigartigen Einblick geben, wie die nächste Generation Schweizer Bürgerinnen und Bürger dieses komplexe Thema angeht. Das Ergebnis ihrer Debatten wird von Politikern auf beiden Seiten des Arguments genau beobachtet werden.




