Berner Polizisten müssen ihre Diensttelefone nun auch ausser Dienst aktiv und zugänglich halten. Diese Weisung, die voraussichtlich bis Ende November gelten wird, soll eine schnelle Mobilisierung als Reaktion auf erwartete gewalttätige Demonstrationen gewährleisten. Die Entscheidung hat bei den betroffenen Beamten und der Polizeigewerkschaft scharfe Kritik ausgelöst.
Wichtigste Erkenntnisse
- Berner Polizei muss Diensttelefone bis Ende November eingeschaltet lassen.
- Die Massnahme ist auf erwartete gewalttätige Demonstrationen zurückzuführen.
- Polizeigewerkschaft und Beamte kritisieren die Politik als Eingriff in die Privatsphäre.
- Die Behörden sprechen von einer «Sensibilisierung» und bestreiten disziplinarische Massnahmen.
Erhöhte Alarmstufe für die Berner Polizei
Die Berner Kantonsregierung rechnet mit einer Phase potenziell gewalttätiger Proteste, die sich bis in den November erstrecken. Diese Prognose folgt auf jüngste Zusammenstösse im Oktober, bei denen pro-palästinensische Demonstranten Strassenschlachten mit der Polizei lieferten. Bei diesen Vorfällen wurden über ein Dutzend Beamte verletzt und Sachschäden in Höhe von mehreren Millionen Schweizer Franken verursacht.
Als Reaktion auf diese erhöhte Sicherheitslage hat die Polizeiführung eine neue Weisung erlassen. Diese Anordnung verlangt von den Beamten, ihre Diensthandys mitzuführen und eingeschaltet zu lassen, auch nach Dienstschluss. Ziel ist es, sicherzustellen, dass im Notfall ausreichend Personal schnell alarmiert und eingesetzt werden kann.
Fakt: Zusammenstösse im Oktober
Im Oktober führten gewalttätige Proteste in Bern zu mehr als 12 verletzten Polizisten und Schäden von über mehreren Millionen Schweizer Franken.
Bedenken der Beamten und Widerstand der Gewerkschaft
Viele Beamte betrachten die Weisung eher als Anordnung denn als Bitte. Sie berichten von Bedenken hinsichtlich möglicher disziplinarischer Konsequenzen bei Nichteinhaltung. Diese Wahrnehmung steht im Gegensatz zur offiziellen Haltung der Kantonspolizei.
Ein Polizeibeamter, der anonym bleiben wollte, erklärte:
„Viele Kollegen fühlen sich durch diese Weisung sowohl beruflich als auch persönlich stark eingeschränkt. Das Hauptproblem ist, dass wir uns durch Überarbeitung und unbezahlte Pikettdienste krank arbeiten.“
Weitere Berichte von Beamten deuten darauf hin, dass diejenigen, die diese Probleme intern ansprechen, negative Auswirkungen in ihren Dienstplänen erfahren. Diese Situation verdeutlicht eine wachsende Spannung innerhalb der Truppe hinsichtlich Work-Life-Balance und operativen Anforderungen.
Gewerkschaft verurteilt «massiven Eingriff» in die Privatsphäre
Adrian Wüthrich, Präsident der Polizeigewerkschaft Bern, hat die neue Massnahme scharf kritisiert. Er sieht darin eine inakzeptable Überschreitung der Grenzen in das Privatleben der Beamten.
„Was die Kantonspolizei Bern von ihren Beamten verlangt, ist eine Unverschämtheit. Die Handy-Weisung ist ein massiver Eingriff in das Privatleben der Mitarbeiter“, so Wüthrich.
Die Gewerkschaft argumentiert, dass eine solche Politik das Grundrecht auf Abschalten und Trennung nach Feierabend verletzt. Dies sei besonders wichtig für einen Beruf, der bereits körperlich und geistig anspruchsvoll ist.
Hintergrund: Polizeistress
Polizeiarbeit ist von Natur aus stressig und beinhaltet oft lange Arbeitszeiten und die Exposition gegenüber traumatischen Ereignissen. Die Fähigkeit, in der Freizeit vollständig abzuschalten, ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit und die Vermeidung von Burnout bei Beamten.
Offizielle Stellungnahme der Kantonspolizei
Die Kantonspolizei Bern hat die Behauptungen der Gewerkschaft zurückgewiesen. Sie charakterisiert die interne Kommunikation als reine «Sensibilisierungsmassnahme» und nicht als strikten Befehl mit Strafmassnahmen.
Laut der Kantonspolizei werden keine disziplinarischen Massnahmen gegen Mitarbeiter ergriffen, die einem ausserordentlichen Aufruf nicht nachkommen können. Sie betonen auch die Förderung einer offenen Feedback-Kultur innerhalb der Abteilung.
Diese Diskrepanz zwischen der Erfahrung der Beamten und der offiziellen Stellungnahme unterstreicht eine erhebliche Kommunikationslücke. Sie deutet auf die Notwendigkeit klarerer Richtlinien und einer besseren Zusammenarbeit mit der Polizei in Bezug auf solche kritischen Weisungen hin.
Die umfassenderen Auswirkungen auf den öffentlichen Dienst
Die Situation in Bern spiegelt eine breitere Debatte über den Druck wider, dem Fachkräfte im öffentlichen Dienst ausgesetzt sind. Polizisten, Feuerwehrleute, Sanitäter und Mitarbeiter im Gesundheitswesen haben oft mit hochstressigen Umgebungen und steigenden Anforderungen zu kämpfen.
Die Erwartung ständiger Verfügbarkeit, auch wenn sie als «Sensibilisierung» bezeichnet wird, kann die Moral untergraben und zu Burnout beitragen. Das Wohlergehen dieser unverzichtbaren Arbeitskräfte ist von grösster Bedeutung für die Aufrechterhaltung effektiver öffentlicher Sicherheits- und Notfallsysteme.
Während sich die Situation entwickelt, wird die Wirksamkeit dieser Weisung bei der Bewältigung potenzieller Unruhen beobachtet werden. Gleichzeitig wird der Dialog zwischen der Polizeiführung und ihren Beamten entscheidend sein, um die aufgeworfenen Bedenken zu adressieren.
- Die Weisung soll voraussichtlich bis Ende November in Kraft bleiben.
- Die Gespräche zwischen der Polizeigewerkschaft und den kantonalen Behörden dauern an.
- Die langfristigen Auswirkungen auf die Moral und Rekrutierung der Beamten bleiben ein Anliegen.




