Die Gemeinde Köniz hat ein geplantes Mehrgenerationen-Wohnprojekt in Wabern abgelehnt. Die Entscheidung, die beim Bauherrn für Frustration gesorgt hat, begründet die Ablehnung mit gestalterischen Bedenken bezüglich der Ausrichtung der Balkone. Architekt Andrea Barben, dem die Hälfte des Grundstücks gehört, äusserte sich enttäuscht und erklärte, das Projekt habe darauf abgezielt, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Wohnqualität zu erhöhen, was den erklärten Wohnungsbauzielen der Gemeinde entspreche.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Gemeinde Köniz hat ein Wohnprojekt in Wabern abgelehnt.
- Die Ablehnung erfolgte aufgrund gestalterischer Argumente, insbesondere der Balkonausrichtung.
- Architekt Andrea Barben betont, das Projekt habe die gesetzlichen Anforderungen und die Wohnungsbauziele der Gemeinde erfüllt.
- Barben beklagt inkonsistentes Feedback und mangelnden Dialog seitens der Gemeindebehörden.
- Der Fall liegt nun beim Kanton zur Beschwerde.
Fünfjährige Entwicklung endet in Ablehnung
Andrea Barben, ein Architekt mit 35 Jahren Erfahrung, begann 2020 mit Vorgesprächen für das Projekt. Er plante, die westliche Hälfte seines Hauses an der Ecke Seftigenstrasse und Weyerstrasse durch ein grösseres Mehrgenerationenhaus zu ersetzen. Dieses Projekt ist das erste Mal in seiner Karriere, dass ein Baugesuch abgelehnt wurde.
Barben erklärte: „Wir hatten das Gefühl, alles richtig zu machen.“ Er arbeitete mit einem regionalen Architekten zusammen und bezog alle Beteiligten ein. Ziel war es, ein Mehrgenerationenhaus zu schaffen, das die Wohnqualität verbessert, zur städtischen Verdichtung beiträgt und mehr bezahlbaren Wohnraum bietet. Laut Barben entspricht dies direkt der offiziellen Wohnungsbaupolitik der Gemeinde Köniz.
„Das Projekt erfüllt alle gesetzlichen Anforderungen“, sagte Barben sichtlich frustriert. „Es wurde von der Gemeinde ausschliesslich aufgrund gestalterischer Argumente ihrer Bau- und Planungskommission abgelehnt. Damit negieren sie ihre eigenen Ziele und verhindern deren Realisierung entgegen dem öffentlichen Interesse.“
Projektübersicht
- Standort: Seftigenstrasse/Weyerstrasse, Wabern
- Bauherr: Andrea Barben
- Ziel: Ersatz der bestehenden Haushälfte durch ein grösseres Mehrgenerationenhaus
- Zeitrahmen: Beginn 2020, Ablehnung 2024
Inkonsistentes Feedback und mangelnder Dialog
Barben berichtete, dass die Bau- und Planungskommission während der Projektentwicklung „unterschiedliche und teilweise widersprüchliche“ Einschätzungen abgegeben habe. Er erwähnte auch, dass die Bauinspektion nur schleppende Unterstützung bot. Versuche, ein Treffen mit Christian Burren (SVP), dem Gemeinderat für Planung und Verkehr, und Gemeindepräsidentin Tanja Bauer (SP) zu vereinbaren, blieben erfolglos. Barben bezeichnete das Ergebnis als „einen Scherbenhaufen“.
Diese Situation spiegelt andere Beschwerden wider, die Bern News Today erhalten hat. Ein weiterer Bauherr in Köniz, der anonym bleiben wollte, berichtete ebenfalls von „wenig bis keiner konstruktiven Gesprächsbereitschaft“ und inkonsistenten Informationen von den Behörden. Diese Person war der Meinung, dass ein offenerer Ansatz der Baubehörde selbst zugute käme.
Wohnungspolitik Köniz
Die Gemeinde Köniz unterstützt offiziell Massnahmen, die die städtische Verdichtung und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum fördern. Bauherren wie Barben versuchen, ihre Projekte an diesen erklärten Zielen auszurichten, was zu Frustration führt, wenn Anträge trotz Erfüllung dieser Kriterien abgelehnt werden.
Gemeinderat bestreitet Behauptungen
Christian Burren, der Gemeinderat, wies die Kritik bezüglich mangelnden Dialogs zurück. Er erklärte: „Wenn ein Projekt mehrmals vor die Bau- und Planungskommission kommt, zeigt dies bereits den Austausch zwischen der Gemeinde und dem Projektentwickler.“ Er fügte hinzu, dass sich die Haltung der Kommission ändern könne, wenn sich Projekte entwickeln.
Burren lehnte es ab, sich zu Barbens spezifischem Fall zu äussern, da es sich um ein laufendes rechtliches Verfahren handelt, das derzeit beim Kanton zur Beschwerde liegt. Er merkte an, dass Köniz jährlich etwa 300 Baugesuche genehmigt. Ablehnungen, betonte er, seien „die absolute Ausnahme – aber nur diese Ausnahmen werden gemeldet.“
Streit um Balkonausrichtung
Barben ist besonders frustriert, weil er glaubt, sein Projekt sei nach sorgfältiger Überlegung gut durchdacht gewesen. Er entschied sich, seine Hälfte des dreistöckigen Mehrfamilienhauses zu ersetzen, nachdem er erkannt hatte, dass eine gründliche Sanierung mit den bestehenden Grundrissen wirtschaftlich nicht tragbar wäre. Er erklärte auch, dass eine Sanierung das erhebliche Lärmproblem nicht lösen würde.
Als die Bau- und Planungskommission zunächst Bedenken bezüglich des Vorentwurfs äusserte, entwickelte Barben zwei neue Versionen und erzielte eine Einigung mit dem Eigentümer der anderen Haushälfte. Die neue Haushälfte des Gebäudes würde sich näher an die Seftigenstrasse erstrecken, wie es in den Bauvorschriften vorgesehen ist. Die Gemeinde betrachtet den Grünau-Kreisel, wo sich das Haus befindet, als Beginn des Wabern-Zentrums, wenn man von Kehrsatz kommt.
In dieser Kernzone wünscht sich die Gemeinde eine „städtebaulich typische Orientierung zur Seftigenstrasse“, wie es im Ablehnungsbescheid heisst. Barbens Entwurf kehrte der Hauptstrasse jedoch nicht den Rücken zu. „Der Eingang wäre – anders als heute – zur Seftigenstrasse ausgerichtet und auch ein Teil der Balkone.“ Trotzdem würden Wohnzimmer, Schlafzimmer und die Mehrheit der Balkone zum Pappelweg zeigen, der ruhigeren Wohnstrasse auf der Westseite des Gebäudes.
Diese „Neuorientierung zum Pappelweg“ ist der Kern der Bedenken der Gemeinde. Die Ablehnung besagt, dass der gewünschte Fokus auf die Seftigenstrasse verloren geht, „weil die Mehrheit der Balkone entlang des Pappelwegs ausgerichtet ist.“ Im Wesentlichen verlangt die Gemeinde, dass die Balkone zur lauten Seftigenstrasse zeigen.
Lärmgutachten
Ein für Barbens Grundstück durchgeführtes Lärmgutachten ergab, dass die aktuellen Wohnungen die Lärmschutzvorschriften verletzen. Barben argumentiert, dass ein Ersatzneubau der einzige Weg ist, die Lärmpegel effektiv zu steuern und die Wohnqualität erheblich zu verbessern.
Rechtssicherheit in Frage gestellt
Barben war überrascht, als nach drei Jahren Projektentwicklung, zwei Voranfragen und entgegen früheren Aussagen die Kommission plötzlich von einem Ersatzneubau abriet. „Die Gemeinde verlangt faktisch, dass ich den illegalen Bestandesbau saniere“, sagte er.
Die Ablehnung der Gemeinde besagt, dass das neue Gebäude, da es nicht klar zur Seftigenstrasse ausgerichtet ist, „als Fremdkörper im umliegenden Gesamtkontext“ erscheint. Ausserdem wurde das Gebäude als zu voluminös und ohne „die notwendige gestalterische Sorgfalt“ beurteilt.
„Ein Affront“, nannte Barben es. Er engagiert sich im gemeinnützigen Wohnungsbau und behauptet, diese Werte auch in seinem privaten Projekt zu vertreten. „Bis plötzlich, aus dem Nichts, von einem Ersatzneubau abgeraten wurde, haben wir konsequent alle Empfehlungen befolgt und das Projekt mehrfach angepasst.“
Barben wies darauf hin, dass die Bau- und Planungskommission selbst im endgültigen Ablehnungsbescheid neue Argumente vorbrachte. „Ich frage mich nach der Rechtssicherheit in dieser Gemeinde“, schloss er. Das Schicksal des Projekts liegt nun bei den kantonalen Behörden, die Barbens Beschwerde prüfen werden.