Im Kanton Bern ist eine bedeutende Debatte über die Politik der Kantonspolizei Bern im Gange. Die Polizei gibt derzeit die Nationalitäten mutmasslicher Straftäter in ihren öffentlichen Mitteilungen nicht aktiv bekannt. Diese Praxis hat von einigen politischen Parteien Forderungen nach grösserer Transparenz ausgelöst, während andere vor einer möglichen Stigmatisierung warnen.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Kantonspolizei Bern veröffentlicht die Nationalitäten von Verdächtigen nicht aktiv.
- FDP und SVP fordern mehr Transparenz.
- GLP, SP und Grüne lehnen die Offenlegung wegen Stigmatisierung ab.
- Eine parlamentarische Initiative strebt eine landesweite Regelung an.
- Die Polizei gibt die Nationalität nur bei bestimmten schweren Verbrechen oder auf Medienanfrage bekannt.
Politik der Berner Polizei zur Offenlegung der Nationalität
Die Kantonspolizei Bern verfolgt die Politik, die Nationalitäten mutmasslicher Straftäter in Medienmitteilungen nicht aktiv bekannt zu geben. Dieser Ansatz steht im Einklang mit den Weisungen der Kantonsregierung. Die Polizei bestätigt jedoch, dass diese Informationen Journalisten auf spezifische Anfrage hin in der Regel zur Verfügung gestellt werden.
Eine Ausnahme von dieser Regel gilt für Fälle von Tötungsdelikten oder tödlichen Unfällen. Bei diesen schwerwiegenden Vorfällen wird die Nationalität der beteiligten Personen veröffentlicht. Dies geschieht, weil diese Fälle laut Polizei zahlenmässig überschaubar sind und eine vollständige und genaue Kommunikation ermöglichen.
Fakten-Check
Das Gesamtbild der Kriminalstatistik, einschliesslich Daten zu Nationalitäten, wird jährlich durch die offizielle Polizeiliche Kriminalstatistik veröffentlicht. Dieser umfassende Bericht erscheint typischerweise jedes Frühjahr.
Forderungen nach mehr Transparenz von bürgerlichen Parteien
Die SVP (Schweizerische Volkspartei) des Kantons Bern setzt sich vehement für eine Änderung der aktuellen Praxis der Polizei ein. Die Partei ist der Ansicht, dass Transparenz oberste Priorität haben sollte. Sie argumentiert, dass die Daten zu Nationalitäten bereits erhoben werden und daher in den Medienmitteilungen der Polizei veröffentlicht werden sollten.
„Für uns ist Transparenz das A und O. Da die Daten vorhanden sind, soll die Kantonspolizei die Nationalität auch nennen, wenn sie Medienmitteilungen verschickt. Es braucht keine schweizweite Regelung oder irgendein Abwarten. Es reicht, wenn die Kantonspolizei ihre Praxis einfach anpasst“, erklärte Aliki M. Panayides, Geschäftsführerin der SVP Kanton Bern.
Auch die FDP (Freisinnig-Demokratische Partei) unterstützt eine grössere Transparenz. Carlos Reinhard, FDP-Fraktionschef im Grossen Rat Bern, betonte die Bedeutung der Bereitstellung aller relevanten Details, insbesondere bei Fahndungen.
Reinhard schlug vor, dass Details wie Hautfarbe oder ein möglicher Akzent mitgeteilt werden sollten, um die Identifizierung zu erleichtern. Er ist auch der Meinung, dass die Polizei aus Transparenzgründen die Nationalitäten von verhafteten Personen in ihren Medienmitteilungen offenlegen sollte.
Bedenken wegen Stigmatisierung von linken Parteien
Umgekehrt argumentieren Parteien des linken politischen Spektrums gegen eine obligatorische Offenlegung von Nationalitäten. Sie warnen davor, dass eine solche Praxis zu Diskriminierung und Stigmatisierung bestimmter Gruppen führen könnte.
Marianne Schild, GLP (Grünliberale Partei) Grossrätin, unterstützt den aktuellen Ansatz der Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte in Bern. Sie ist der Ansicht, dass es nicht die Aufgabe des Parlaments ist, den spezifischen Inhalt von Polizeimitteilungen vorzuschreiben.
„Ich finde, die Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte im Kanton Bern machen das heute sehr gut. Es ist nicht die Aufgabe des Parlaments, im Detail zu bestimmen, was in eine Medienmitteilung gehört“, sagte Marianne Schild.
Schild wies darauf hin, dass die Offenlegung der Nationalität Persönlichkeitsrechte verletzen und eine stigmatisierende Wirkung haben könnte. Sie betonte, dass die Behörden das öffentliche Interesse mit dem Schutz der individuellen Rechte abwägen müssen.
Hintergrundinformationen
Die Debatte in Bern ist Teil einer breiteren nationalen Diskussion. Eine parlamentarische Initiative auf Bundesebene versucht derzeit, die Polizeikräfte in der ganzen Schweiz zu verpflichten, die Nationalitäten mutmasslicher Straftäter in ihren Mitteilungen offenzulegen. Diese nationale Diskussion verdeutlicht die unterschiedlichen Ansätze und Bedenken in den verschiedenen Kantonen.
Positionen von SP und Grünen
Die SP (Sozialdemokratische Partei) des Kantons Bern lehnt jede Verpflichtung zur Offenlegung von Nationalitäten entschieden ab. Michael Aebersold, Parteisekretär, erklärte die Unterstützung der Partei für die bestehende Polizeipraxis. Sie würden sich gegen jede nationale Regelung stellen, die diesen Ansatz verhindern würde.
Anstatt sich auf die Offenlegung der Nationalität zu konzentrieren, ist die SP der Ansicht, dass in anderen Bereichen dringender Handlungsbedarf besteht. Sie befürworten ein Verbot von Racial Profiling und die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdestelle für Polizeimassnahmen. Dies würde Bedenken hinsichtlich Fairness und Rechenschaftspflicht innerhalb der Strafverfolgung Rechnung tragen.
Auch die Grünen stehen hinter der aktuellen Praxis der Berner Polizei. Elisabeth Dubler, grüne Grossrätin, argumentierte, dass die Nationalität kein nützliches Kriterium zur Erklärung von Kriminalität sei. Sie glaubt, dass die Offenlegung nur Vorurteile verstärkt.
„Die Nationalität ist kein nützliches Kriterium, um Kriminalität zu erklären; sie verstärkt nur Vorurteile. Es ist wichtig, dass Bern seine Praxis nicht ändert“, betonte Elisabeth Dubler.
Die Grünen betonen die Bedeutung der Beibehaltung der aktuellen Berner Politik, um die Förderung von Stereotypen und Vorurteilen in der Gemeinschaft zu vermeiden.
Laufende nationale Debatte und Zukunftsaussichten
Die unterschiedlichen Ansichten der politischen Parteien in Bern spiegeln eine breitere nationale Diskussion wider. Während SVP und FDP in Bern auf kantonale Änderungen drängen, wollen GLP, SP und Grüne den aktuellen Status quo beibehalten.
Der Ausgang der nationalen parlamentarischen Initiative bleibt ungewiss. Es ist unklar, ob eine landesweite Verpflichtung zur Offenlegung von Nationalitäten eingeführt wird. Die Debatte selbst beleuchtet jedoch komplexe Fragen im Zusammenhang mit Transparenz, Datenschutz und dem Potenzial für Diskriminierung.
Es wird erwartet, dass diese Diskussion fortgesetzt wird, während Politiker und die Öffentlichkeit die Vorteile erhöhter Informationen gegen die Risiken von Stigmatisierung und Datenschutzbedenken abwägen. Der Fokus bleibt auf der Suche nach einem ausgewogenen Ansatz, der sowohl dem öffentlichen Interesse als auch den individuellen Rechten dient.




