Konflikte zwischen Pfarrpersonen und Kirchenvorständen in reformierten Kirchgemeinden der Schweiz können sich tief festsetzen und oft jahrelang andauern. Obwohl viele Kantonalkirchen ihre Anstellungsgesetze aktualisiert haben, bleibt der Prozess der Trennung von einer Pfarrperson komplex. Dies führt oft dazu, dass Kirchgemeinden Schwierigkeiten haben, einvernehmliche Lösungen zu finden.
Wichtige Erkenntnisse
- Pfarrpersonen sind in reformierten Schweizer Kirchen generell gut durch das Arbeitsrecht geschützt.
 - Die Leistung einer Pfarrperson ist schwer messbar, was zu Meinungsverschiedenheiten darüber führt, was als 'gute Arbeit' gilt.
 - Pfarrpersonen üben oft erheblichen Einfluss aus, da sie enge Bindungen zu den Gemeindemitgliedern haben.
 - Mediation ist die bevorzugte Methode zur Streitbeilegung, um eine einvernehmliche Trennung zu erreichen.
 - Veraltete Entlassungsverfahren, wie öffentliche Abstimmungen, können Gemeinden nachhaltig schaden.
 
Die Herausforderungen der Anstellung von Pfarrpersonen
Im Gegensatz zu Angestellten im Privatsektor, die ohne Angabe von Gründen entlassen werden können, stösst die Entlassung von Pfarrpersonen in reformierten Kirchen auf hohe Hürden. Trotz jüngster Gesetzesanpassungen in vielen Kantonalkirchen geniessen Pfarrpersonen weiterhin einen starken Schutz. Dies macht die Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Kirchenvorstand und einer Pfarrperson zu einem langwierigen und oft schwierigen Prozess.
Martin Koelbing, der zuvor als Beauftragter für kirchliche Angelegenheiten im Kanton Bern tätig war, verfügt über umfassende Erfahrung mit diesen komplexen Situationen. Er stellt fest, dass Pfarrpersonen heute oft als öffentlich-rechtliche Angestellte gelten und einer dreimonatigen Kündigungsfrist unterliegen, die praktische Umsetzung einer Entlassung jedoch alles andere als unkompliziert ist.
Fakt: Unterschiede im Arbeitsrecht
In der Schweiz können Angestellte im Privatsektor ohne spezifischen Grund entlassen werden. Reformierte Pfarrpersonen unterliegen jedoch dem öffentlichen Arbeitsrecht, das einen stärkeren Schutz bietet und spezifische Gründe für eine Kündigung erfordert.
'Gute Arbeit' im Pfarramt definieren
Eine der Hauptschwierigkeiten bei diesen Konflikten ergibt sich aus der subjektiven Natur der Arbeit einer Pfarrperson. Was die eine Person als 'gute Arbeit' im Pfarramt betrachtet, kann eine andere Person anders sehen. Dieser Mangel an objektiven Leistungskriterien erschwert jeden Versuch, unzureichende Leistung als Entlassungsgrund zu etablieren.
Koelbing erklärt, dass Pfarrpersonen oft eine primäre Rechenschaftspflicht gegenüber Gott empfinden, wobei Dienstordnungen und Stellenbeschreibungen eine sekundäre Rolle spielen. Diese Perspektive kann schnell zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Kirchenvorstand führen, der als Aufsichtsbehörde fungiert.
"Pfarrpersonen haben den Vorteil, dass sie nahe an den Gemeindemitgliedern sind und diese mobilisieren können", sagt Martin Koelbing und hebt damit einen wichtigen Faktor in diesen Machtdynamiken hervor.
Der Einfluss der Pfarrperson
Eine weitere Komplexitätsebene ergibt sich aus der einzigartigen Stellung der Pfarrperson innerhalb der Gemeinde. Im Gegensatz zu anderen Berufen, wo Vorgesetzte einen ähnlichen beruflichen Hintergrund teilen, kommen Kirchenvorstandsmitglieder oft aus verschiedenen Bereichen. Dies kann dazu führen, dass eine Pfarrperson die Kompetenz des Vorstands zur Bewertung ihrer Leistung in Frage stellt.
Pfarrpersonen haben oft eine starke Verbindung zu ihrer Gemeinde. Dies ermöglicht es ihnen, Unterstützung zu gewinnen, was jeden Entlassungsversuch umstritten macht. In einigen Berner Kirchen innerhalb von Refbejuso können Gemeinden wählen, ob der Kirchenvorstand allein die Entlassungsbefugnis hat oder ob eine Entlassung eine Abstimmung der Kirchgemeindeversammlung erfordert.
Historischer Kontext der Entlassung von Pfarrpersonen
Historisch war die Entlassung von Pfarrpersonen in einigen Kantonalkirchen nicht möglich; sie konnten nur von der Gemeinde abgewählt werden. Diese Praxis, die heute weniger verbreitet ist, verdeutlicht den tief verwurzelten Schutz und die Beteiligung der Gemeinschaft bei der Anstellung von Pfarrpersonen.
Fallstudie: Die Loyalität einer Gemeinde
Koelbing erinnert sich an einen Fall in einer Berner Gemeinde, der eine Pfarrperson mit einem Alkoholproblem betraf. Trotz des Beschlusses des Kirchenvorstands, ihn zu entlassen, kam die Angelegenheit zur Abstimmung in der Kirchgemeindeversammlung. Die Gemeinde, die glaubte, die Pfarrperson brauche Unterstützung, wählte ihn mit Dreiviertelmehrheit wieder.
Dieses Beispiel zeigt den starken Einfluss, den eine Pfarrperson ausüben kann, und die emotionalen Bindungen innerhalb einer Gemeinde. Solche öffentlichen Abstimmungen können einen Konflikt in ein zutiefst spaltendes öffentliches Spektakel verwandeln und dauerhafte Wunden in der Gemeinde hinterlassen.
- Öffentliche Abstimmungen über die Entlassung von Pfarrpersonen gelten zunehmend als veraltet.
 - Sie führen oft zu langwierigen Streitigkeiten und emotionalem Leid für alle Beteiligten.
 - Moderne Ansätze bevorzugen Mediation und einvernehmliche Lösungen.
 
Einvernehmliche Lösungen durch Mediation suchen
Glücklicherweise übertragen die meisten Berner Kirchgemeinden die Entlassungsbefugnis nun ausschliesslich dem Kirchenvorstand. Dennoch bleiben tatsächliche Entlassungen selten. Der bevorzugte Ansatz in den meisten Konflikten ist die Mediation, die auf eine einvernehmliche Lösung abzielt.
Koelbing betont den Erfolg dieser Methode während seiner Amtszeit. "In meiner Zeit als Beauftragter für kirchliche Angelegenheiten wurden praktisch alle Fälle auf diese Weise gelöst", erklärte er.
Beispiele für mediierte Ergebnisse
Eine mediierte Lösung könnte die Neuzuweisung der Pfarrperson zu einem anderen Verantwortungsbereich oder eine Vereinbarung beinhalten, dass sie eine neue Stelle sucht. Koelbing erzählte zum Beispiel von einer Pfarrperson in einem kleinen Dorf, die dafür bekannt war, die Leute nicht zu grüssen, was zu Reibereien führte.
Durch Mediation wurde eine einvernehmliche Trennung erreicht. Die Pfarrperson fand anschliessend eine neue Rolle in einer Stadt, wo die Erwartung, jede Person zu grüssen, weniger ausgeprägt war, was besser zu ihrer Persönlichkeit und ihrem Arbeitsstil passte.
"Abstimmungsverfahren sind nicht mehr zeitgemäss. Sie kosten beide Seiten unnötig viel Energie und hinterlassen tiefe Wunden", bekräftigt Koelbing und plädiert für mitfühlendere und effizientere Lösungsmethoden.
Verhinderung von Gemeindespaltungen
Eine einvernehmliche Einigung ist entscheidend, um tiefe Spaltungen innerhalb einer Kirchgemeinde zu verhindern. Ungelöste Konflikte können jahrelang schwelen und die gesamte Atmosphäre vergiften. Das Ziel einer konsensualen Lösung ist es, sicherzustellen, dass alle Parteien schliesslich konstruktiv vorankommen können.
Einige Kantonalkirchen verfügen immer noch nicht über Bestimmungen zur Entlassung von Pfarrpersonen und verlassen sich stattdessen auf Gemeindeabstimmungen. Dieser Ansatz wird weithin als veraltet angesehen, da er private Streitigkeiten in öffentliche Arenen eskalieren lassen und unnötigen Stress und Schaden verursachen kann.
Der Übergang zu Mediation und klareren Anstellungsrichtlinien stellt einen bedeutenden Fortschritt für die reformierten Kirchen der Schweiz dar. Er ermöglicht würdigere und weniger schädliche Lösungen für Konflikte, die unweigerlich entstehen, und fördert gesündere Umgebungen für Pfarrpersonen und Gemeinden.


