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Tierpark Bern in der Kritik nach Robben-Tod

Tierschützer fordern eine Untersuchung nach dem Tod einer Robbe im Berner Tierpark Dählhölzli, nachdem diese Dichtmasse aus einem neuen Gehege verschluckt hatte.

Sofia Richter
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Sofia Richter

Sofia Richter is an environmental and animal welfare correspondent for Bern News Today. She focuses on conservation, zoo ethics, and the impact of human activity on wildlife, reporting on developments across Switzerland and Europe. (DE)

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Tierpark Bern in der Kritik nach Robben-Tod

Tierschützer fordern eine umfassende Untersuchung nach dem Tod einer Robbe im Berner Tierpark Dählhölzli. Der Vorfall, der sich im neu eröffneten Robbengehege ereignete, wirft Bedenken hinsichtlich der Tiersicherheit in Zoos auf. Dies folgt auf einen weiteren Tier-Tod im Park im letzten Jahr und löst umfassendere Fragen zum Gehegedesign und Tierschutz aus.

Wichtige Erkenntnisse

  • Seehund Saluk starb am 26. August, nachdem er ein Stück Dichtmasse aus seinem neuen Gehege verschluckt hatte.
  • Stadtrat Tobias Sennhauser fordert eine gründliche Untersuchung des Vorfalls.
  • Der Tierpark Bern erklärt, keine rechtlichen Schritte gegen die beteiligten Baufirmen einzuleiten.
  • Der Vorfall beleuchtet die anhaltenden Debatten über Tiersicherheit und -wohl in Zooumgebungen.

Der tragische Tod von Seehund Saluk

Seehund Saluk, ein männlicher Seehund, starb am 26. August nach einer Operation. Das Tier hatte ein Stück Dichtmasse verschluckt, was zu Gewichtsverlust und der Notwendigkeit eines medizinischen Eingriffs führte. Saluk erwachte nicht mehr aus der Narkose.

Die Seehunde waren erst im Frühling in den Tierpark Dählhölzli in Bern zurückgekehrt, nachdem sie ein Jahr in Borås, Schweden, verbracht hatten. Das neue Seehundgehege, in dem sich der Vorfall ereignete, wurde im Mai eingeweiht.

Fakt: Lose Gegenstände bergen Risiken

Laut Marcus Clauss, Direktor der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere am Tierspital Zürich, sind lose Fremdkörper in Wasserbecken besonders riskant für bestimmte Tiere. Seehunde, Krokodile und Flusspferde sind dafür bekannt, solche Gegenstände zu verschlucken. Zum Beispiel könnten Steine auf dem Beckenboden für Seehunde gefährlich sein, wenn sie verschluckt werden. In ihrem natürlichen Lebensraum im Ozean ist dieses Risiko geringer, da Seehunde bei der Jagd nicht auf den Meeresboden tauchen.

Untersuchung vom Stadtrat gefordert

Die von Saluk verschluckte Dichtmasse stammte von einer Schutzabdeckung über den Silikondichtungen der Unterwasserfenster im neuen Gehege. Diese Abdeckung löste sich, wodurch Teile der Dichtmasse lose und für den Seehund zugänglich wurden.

„Der Fall zeigt, dass Risiken für Tiere in Gefangenschaft nicht vollständig ausgeschlossen werden können und dass ihre Bedürfnisse nur begrenzt berücksichtigt werden können“, erklärte Tobias Sennhauser, Berner Stadtrat und Tierschutzaktivist von Tier im Fokus (TIF).

Sennhauser hat eine Interpellation an den Stadtrat eingereicht, in der er eine umfassende Untersuchung von Saluks Tod fordert. Er sucht nach Antworten bezüglich der Verantwortlichkeit für den Baumangel.

Reaktion des Zoos und zukünftige Massnahmen

Die Verantwortlichen des Tierparks Dählhölzli sind mit Sennhausers Einschätzung, dass die Bedürfnisse der Tiere begrenzt seien, nicht einverstanden. Die Kommunikationsabteilung des Parks erklärte, dass sie mit grösster Sorgfalt und Respekt arbeiten, um die besten Bedingungen für ihre Tiere zu schaffen. Sie führen das Ablösen der Schutzabdeckung auf eine Materialunverträglichkeit zurück, die derzeit überprüft wird.

Der Tierpark bestätigte, dass das Gehege in Zusammenarbeit mit 30 Unternehmen gebaut wurde. Mit diesen Unternehmen arbeiten sie seit vielen Jahren zusammen. Trotz des Vorfalls wird der Park keine Anzeige erstatten oder rechtliche Schritte wegen Schadenersatz gegen die beteiligten Baufirmen einleiten.

Rechtlicher Status von Tieren in der Schweiz

Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 gelten Tiere in der Schweiz nicht mehr als blosse Sachen. Sie werden als Lebewesen anerkannt, die fühlen und leiden können. Rechtlich bleiben sie jedoch Vermögenswerte, die besessen werden können.

Jüngste Tier-Todesfälle im Dählhölzli

Dies ist der zweite Tier-Tod im Tierpark Dählhölzli innerhalb kurzer Zeit aufgrund verschluckter Gegenstände. Im vergangenen Oktober starb Maike, ein weiblicher Moschusochse, an Pansenazidose und Darmentzündung. Dies geschah, nachdem sie eine übermässige Menge Eicheln gefressen hatte.

Der Park bestreitet ein strukturelles Problem und bezeichnet die beiden Vorfälle innerhalb eines Jahres als „Ausnahme und extrem selten“. Sie geben auch an, dass die Vorkommnisse nicht vergleichbar seien.

Verhinderung zukünftiger Vorfälle

Zum Tod des Moschusochsen erklärte der Park, dass ein alter Eichenbaum im Gehege im letzten Herbst eine ungewöhnlich grosse Anzahl von Eicheln produzierte. Starker Regen und Stürme führten dazu, dass viele Eicheln fielen, bevor die Tierpfleger sie entfernen konnten. Um dies zu verhindern, wird nun im Herbst ein Netz verwendet, um herabfallende Eicheln aufzufangen.

Der Bereich, in dem sich die Schutzabdeckung im Seehundgehege gelöst hat, wird untersucht. Die Seehunde sind derzeit in einem anderen Becken untergebracht. Der betroffene Abschnitt wurde vorübergehend gesichert, um zu verhindern, dass sich weitere Dichtmasse-Teile lösen.

Zoo-Unfälle und Narkoserisiken

Tier-Todesfälle aufgrund von Unfällen ereignen sich periodisch in Zoos. Im Juni 2008 strangulierte sich eine Giraffe namens Chakula im Zoo Basel versehentlich mit einem Seil und Futterästen. Daraufhin wurden die Seilzüge im Gehege gesichert, um ähnliche Unfälle zu verhindern.

Letzte Woche starb Zali, ein Elefantenbaby im Zoo Zürich, nachdem es sich beim Spielen mit einem Asthaufen verletzt hatte. Es wurde zur Untersuchung sediert. Zali starb mehrere Stunden nach dem Erwachen aus der Narkose an einem verdrehten Dünndarm, was als Stressreaktion vermutet wird.

Narkose bei Zootieren

Zootier-Spezialist Marcus Clauss merkt an, dass Narkosen bei Zootieren viel seltener durchgeführt werden als bei Menschen. Das bedeutet, es gibt weniger Erfahrung. „Ein Flug zum Mond wird nie so sicher sein wie einer von Genf nach Zürich“, erklärt Clauss und hebt die inhärenten Risiken hervor.

Das Risiko hängt auch von der Tierart ab. Meeressäuger wie Seehunde haben einen Tauchreflex und können ihren Atem über längere Zeit anhalten. Dies macht es schwierig zu beurteilen, ob ihre Atmung während der Narkose normal ist.

Sicherheit in Zooumgebungen

Laut Clauss gibt es keine umfassenden Studien über die Häufigkeit von Unfällen in Zoos. Er betont jedoch, dass Tiere in Zoos im Allgemeinen deutlich länger leben als in ihren natürlichen Lebensräumen. Dies liegt daran, dass viele Gefahren, wie Raubtiere wie Orcas für Seehunde, fehlen.

Aggressionen innerhalb derselben Art, einschliesslich Kindstötung, werden in Zoos ebenfalls besser kontrolliert. Zum Beispiel würde ein neuer männlicher Löwe nicht in ein Gehege mit Jungen eines anderen Männchens eingeführt. Während Verletzungen durch Asthaufen sowohl in freier Wildbahn als auch in Gefangenschaft auftreten können, arbeiten Zoos aktiv daran, Risiken zu minimieren.

Sicherheitsmassnahmen des Zoo Zürich

Dominik Ryser, Sprecher des Zoo Zürich, erklärt, dass häufige Verletzungsquellen wie scharfe Kanten, lose Plastikteile, dünne Seile oder Netze, in denen sich Tiere verfangen könnten, generell vermieden werden. Teile, die Tiere abreissen oder lösen könnten, sowie Strom- und Wasserleitungen, werden zusätzlich gesichert.

Der Tierpark Bern räumt das Problem mit der Dichtmasse ein. „Fehler passieren, und wir bedauern zutiefst, dass dieser Fehler zum Tod eines Tieres geführt hat“, erklärte das Kommunikationsteam des Dählhölzli. Die Untersuchungen dauern an, und temporäre Sicherheitsmassnahmen sind getroffen worden.