Die Berner Kantonalbank (BEKB) hat die sofortige Absetzung der beiden Top-Führungskräfte ihrer IT-Tochter Aity bekannt gegeben. Die Bank nannte Meinungsverschiedenheiten über die Strategie und steigende Betriebskosten als Hauptgründe für den Führungswechsel bei dem Unternehmen mit 300 Mitarbeitenden.
Aity-CEO Oliver Kuster und sein Stellvertreter Pascal Eugster haben die BEKB-Gruppe verlassen. Der Schritt folgt auf wochenlange Analysen und Diskussionen über die Ausrichtung des Unternehmens. Ein externes Interim-Management-Team wird nun die Leitung übernehmen, während die Bank nach dauerhaften Nachfolgern sucht.
Wichtige Erkenntnisse
- Die BEKB hat Aity-CEO Oliver Kuster und den stellvertretenden CEO Pascal Eugster mit sofortiger Wirkung entlassen.
- Die Bank nannte „unterschiedliche Auffassungen über die operative Umsetzung der Eigentümerstrategie“.
- Zuvor wurde eine spezielle Taskforce eingesetzt, um steigende Kosten, insbesondere im Zusammenhang mit Aitys Cloud-Strategie, anzugehen.
- Die BEKB dementiert Berichte über eine millionenschwere Abschreibung auf ein Schlüsselprojekt und erklärt, dass die Investitionen weiterhin Erträge abwerfen sollen.
- Ein externes Interim-Führungsteam wird Aity während der Übergangszeit leiten.
Plötzlicher Führungswechsel bei Aity
Die Berner Kantonalbank bestätigte den umfassenden Führungswechsel in einer am späten Donnerstagabend veröffentlichten Mitteilung. Die Entscheidung betrifft Aity, den hundertprozentigen IT-Dienstleister der Bank mit Sitz in Köniz-Liebefeld, der rund 300 Mitarbeitende beschäftigt.
Gemäss der offiziellen Mitteilung waren die Abgänge von CEO Oliver Kuster und dem stellvertretenden CEO Pascal Eugster das Ergebnis eines „konstruktiven Dialogs“ nach einer sorgfältigen Analyse der Unternehmensleistung und -strategie in den letzten Wochen. Das Kernproblem wurde als unterschiedliche Meinungen über die Umsetzung der strategischen Vision der Bank für ihren IT-Bereich identifiziert.
Die Bank hat umgehend ein externes Interim-Management-Team eingesetzt. Diese temporäre Führung ist beauftragt, die operative Stabilität zu gewährleisten und den notwendigen Raum für die Rekrutierung neuer Führungskräfte sowie die Steuerung der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens zu schaffen.
Strategische Meinungsverschiedenheiten und steigende Kosten
Der Hauptgrund für die Entlassungen war ein Konflikt über die „operative Umsetzung der Eigentümerstrategie“. Während die BEKB betont, dass die übergeordnete strategische Ausrichtung für Aity unverändert bleibt, wurde die Methode der Umsetzung zu einem Streitpunkt.
Zusätzlich zu den strategischen Reibereien kommen Bedenken hinsichtlich steigender Ausgaben hinzu. Bereits vor dem Führungswechsel hatte die BEKB eine Taskforce eingesetzt, um das Finanzmanagement bei Aity zu adressieren. Ein Banksprecher präzisierte die Aufgaben dieser Gruppe.
„Während sich die Taskforce auf strukturelle und finanzielle Hebel zur Effizienzsteigerung und auf konkrete Einsparpotenziale konzentriert, konzentriert sich die Geschäftsleitung auf das operative Geschäft, die Umsetzung von Schlüsselprojekten und die Sicherstellung der Servicequalität.“
Diese Aufgabenteilung deutet darauf hin, dass die Bedenken hinsichtlich der Finanzaufsicht so erheblich waren, dass eine direkte Intervention der Muttergesellschaft gerechtfertigt war. Der Sprecher erwähnte ausdrücklich die steigenden Kosten im Zusammenhang mit Aitys Cloud-Strategie als einen Schwerpunkt der Taskforce.
Wer ist Aity?
Die Aity AG ist der IT-Dienstleister der Berner Kantonalbank. Gegründet, um die umfangreichen Technologiebedürfnisse der Bank zu decken, bietet sie auch IT-Dienstleistungen für Drittkunden an. Mit Sitz in Köniz-Liebefeld ist sie ein wichtiger lokaler Arbeitgeber mit rund 300 Spezialisten in Softwareentwicklung, Infrastrukturmanagement und Cybersicherheit.
Fragen zu einem grossen Investitionsprojekt
Der Führungswechsel erfolgt inmitten externer Berichte über erhebliche finanzielle Herausforderungen bei Aity. Die Branchenpublikation „Inside Paradeplatz“ behauptete kürzlich, dass das Unternehmen mit millionenschweren Abschreibungen konfrontiert sei, und verwies dabei speziell auf ein Projekt namens „OPAN“ (Optimized Investing).
Laut einer anonymen Quelle, die in dem Bericht zitiert wurde, hatte das OPAN-Projekt allein Kosten von 30 Millionen Franken verursacht und war von Anfang an fehlerhaft. Dies hat Fragen nach der Rendite erheblicher Investitionen aufgeworfen, die die Bank in ihre IT-Tochter getätigt hat.
Die BEKB hat diese Behauptungen öffentlich dementiert und jegliche Abschreibung entschieden zurückgewiesen. Ein Sprecher erklärte, dass die Bank zwar in den letzten fünf Jahren „erhebliche Investitionen in strategisch relevante Schlüsselprojekte“, einschliesslich OPAN, getätigt habe, diese Mittel jedoch nicht als verloren betrachtet würden.
Status des Projekts OPAN
- Interner Start: Die erste Phase des OPAN-Projekts wurde erfolgreich innerhalb der BEKB eingeführt.
- Compliance-Hürden: Eine vollständige öffentliche Einführung steht noch aus, bis mehrere Compliance-bezogene Fragen geklärt sind.
- Zeitplan: Die BEKB arbeitet an der Lösung dieser Probleme und erwartet eine endgültige Implementierung im nächsten Jahr.
Die Bank hält an ihrer Überzeugung fest, dass sich die Investitionen letztendlich als wertvoll erweisen werden. Die laufenden Compliance-Arbeiten und die öffentliche Prüfung verdeutlichen jedoch den Druck auf Aity, ihre kostenintensiven strategischen Initiativen erfolgreich umzusetzen.
Der Weg nach vorne für den IT-Bereich der BEKB
Mit einem Interim-Team an Bord ist die unmittelbare Priorität der BEKB, die Geschäftstätigkeit von Aity zu stabilisieren und die Suche nach einem neuen, dauerhaften Führungsteam einzuleiten. Die Übergangszeit wird entscheidend sein, um die operativen Ziele der Tochtergesellschaft neu zu definieren und sicherzustellen, dass sie mit den finanziellen und strategischen Erwartungen der Bank übereinstimmen.
Eine zentrale Frage für die Zukunft wird Aitys Fokus auf externe Kunden sein. Das Unternehmen wurde nicht nur gegründet, um die BEKB zu bedienen, sondern auch, um seine IT-Dienstleistungen an andere Unternehmen zu vermarkten. Die neue Führung wird wahrscheinlich beauftragt sein, den Erfolg und die Rentabilität dieser Doppelstrategie zu bewerten.
Die Einsetzung einer Taskforce zur Kostenkontrolle, kombiniert mit der Entlassung des Top-Managements, signalisiert eine klare Absicht der BEKB, eine stärkere Kontrolle über ihre IT-Tochter auszuüben. Die kommenden Monate werden die neue Ausrichtung zeigen und bestimmen, wie sich Aity entwickeln wird, um den technologischen und finanziellen Anforderungen ihrer Muttergesellschaft gerecht zu werden.




