Drei prominente Köche aus dem Schweizer Kanton Bern diskutieren offen über den Einfluss der Gault Millau Bewertungen auf ihre Betriebe. Während diese prestigeträchtigen Punkte wertvoll für das Marketing sind, bringen sie auch einzigartige Herausforderungen mit sich. Gastronomen erklären, wie sie kulinarischen Ehrgeiz mit Gästeerwartungen und finanziellen Realitäten in der wettbewerbsintensiven Welt der gehobenen Gastronomie in Einklang bringen.
Wichtige Erkenntnisse
- Gault Millau Punkte sind ein starkes Marketinginstrument für Schweizer Restaurants.
- Die Aufrechterhaltung hoher Bewertungen erfordert ständige Perfektion und kann zu betrieblichen Herausforderungen führen.
- Die Erwartungen der Gäste an Service und Ambiente steigen mit höheren Punktbewertungen.
- Restaurants passen sich an verändertes Kundenverhalten an, einschliesslich reduziertem Weinkonsum.
- Leidenschaft und Hingabe sind neben finanzieller Unterstützung entscheidend für den Erfolg in der gehobenen Gastronomie.
Gault Millau Bewertungen: Ein Marketingvorteil
An einem kürzlichen Montag, kurz nach Mittag, aktualisierten Köche in der ganzen Schweiz ihre Handybildschirme. Sie warteten auf die neuen Gault Millau Ergebnisse für den 6. Oktober 2025. Dieses jährliche Ereignis ist ein entscheidender Moment für die gehobenen Gastronomiebetriebe des Landes.
Lukas Kiener, Küchenchef im Restaurant Zur Gedult in Burgdorf, war unter ihnen. Sein Team feierte, als ihre 17-Punkte-Bewertung bestätigt wurde. Barbara Schütz, Geschäftsführerin des Restaurants, gab zu, dass der Verlust auch nur eines Punktes eine erhebliche Enttäuschung gewesen wäre.
Gault Millau Schweiz
- Vergibt jährlich 12 bis 20 Punkte an Restaurants.
- Kein Restaurant in der Schweiz hat jemals 20 Punkte erreicht.
- Nur 8 Betriebe halten derzeit 19 Punkte.
- Der Kanton Bern hat nur ein 18-Punkte-Restaurant und sieben mit 17 Punkten.
Diese Bewertungen von Gault Millau, in der Schweiz vom Ringier-Verlag betreut, dienen als mächtiges Marketinginstrument. Sie signalisieren kulinarische Exzellenz sowohl lokalen Gästen als auch internationalen Besuchern. Die Anerkennung hilft Restaurants, sich in einem überfüllten Markt abzuheben.
Der Druck, Exzellenz zu bewahren
Gastronomen wissen nicht, wann anonyme Kritiker für ein Testessen vorbeikommen. Saisonale Menüwechsel ermöglichen es den Köchen jedoch oft, den ungefähren Zeitpunkt der Bewertung anhand der veröffentlichten Kritiken abzuschätzen. Dies verleiht ihrer Arbeit ein Element ständiger Bereitschaft.
„Es wäre für uns eine Enttäuschung gewesen, wenn wir einen Punkt verloren hätten“, sagte Barbara Schütz, Geschäftsführerin des Restaurants Zur Gedult.
Barbara Schütz spürte, dass ein Kritiker zu Besuch gewesen sein könnte, als sie bemerkte, wie ein Gast in ein Notizbuch schrieb. Dieses Gefühl bestätigte sich später. Trotzdem betonte sie, dass alle Gäste den gleichen hohen Servicestandard erhalten. Dieses Engagement für Konsistenz ist ein Markenzeichen der Spitzenküche.
Lukas Kieners Küche im Zur Gedult ist bekannt für ihre kreativen Kombinationen und perfekte Ausführung. Schütz hebt Kieners ständigen Perfektionismus hervor. Seine Küche arbeitet mit minimalem Personal. „Wenn Lukas abwesend ist, schliessen wir das Restaurant für den Tag“, erklärte Schütz. Dies zeigt die entscheidende Rolle des Küchenchefs in solchen Betrieben.
Auszeichnung in der gehobenen Gastronomie
Während Gault Millau Punkte wichtig sind, hat ein Michelin-Stern in der globalen kulinarischen Szene oft mehr Gewicht. Chef Lukas Kiener hat sogar einen Michelin-Stern auf seinem Unterarm tätowiert, was seine Bedeutung für ihn zeigt. Diese Auszeichnungen fördern sowohl Prestige als auch Kundenfrequenz.
Als das Zur Gedult im Gault Millau Führer 2023 erstmals 17 Punkte erreichte, feierte das Team. Schütz bemerkte, dass sowohl Gault Millau als auch Guide Michelin Bewertungen jeden in der gehobenen Gastronomie erheblich beeinflussen. Diese Führer schaffen einen Massstab für Qualität und Innovation.
Balance zwischen Ehrgeiz und Gästeerwartungen
Im Zur Gedult kostet ein Sechs-Gänge-Menü 170 Schweizer Franken. Das Restaurant bedient bis zu 22 Gäste pro Abend. Etwa 20% ihrer Kunden kommen aus der Region Burgdorf. Die restlichen 80% reisen aus Bern oder weiter her an. Schütz erklärt, dass die Punkte entscheidend für ihr Geschäft sind. „Für uns sind die Punkte wichtig. Es ist extrem gutes Marketing.“
Christoph Hunziker, Inhaber des Schüpberg-Beizli, versteht ebenfalls den Wert kulinarischer Anerkennung. Sein Restaurant gewann einen Punkt und hält nun 15 Gault Millau Punkte. Auch Hunzikers Unterarm ziert ein Tattoo, darunter das Michelin Bib Gourmand Symbol, das Restaurants mit guter Qualität und gutem Preis-Leistungs-Verhältnis auszeichnet.
Entwicklung des Schüpberg-Beizli
Hunziker übernahm das rustikale Gasthaus vor elf Jahren. Seinen frühen Erfolg verdankt er der öffentlichen Neugier. „Ich hatte Glück, dass die Leute wissen wollten, was der Hunziker auf dem Schüpberg macht“, sagte er. Seine Kochkünste, Kommunikationsfähigkeiten und sein Geschäftssinn halfen ihm, einen treuen Kundenstamm aufzubauen.
Hunziker betont auch die Wichtigkeit, auf die Gäste zu hören. „Es nützt nichts, wenn ich mich selbst verwirkliche und die Gäste ausbleiben“, erklärte er. Er wandelte das Restaurant schrittweise von einem auf Fondue spezialisierten Lokal zu einem Gourmetziel um. Er mochte Fondue nicht, wartete aber vier Jahre, bevor er es auslaufen liess. Diese strategische Geduld ermöglichte es den Gästen, sich an die neue kulinarische Richtung anzupassen.
Die Abschaffung des Fondues wurde von Michelin und Gault Millau anerkannt. Gehobene Küche bedeutet jedoch auch höhere Preise. Hunziker stellte fest, dass 15 Punkte es ihm noch ermöglichten, die Preise zugänglich zu halten. Einige Kollegen fanden es jedoch schwierig, die Rentabilität jenseits von 17 Punkten aufrechtzuerhalten. Dies liegt daran, dass die Gäste dann luxuriösere Annehmlichkeiten erwarten, wie bequemere Stühle und feinere Weingläser.
Veränderte Trends beim Getränkekonsum
Im Schüpberg-Beizli kostet ein Sieben-Gänge-Menü 134.50 Schweizer Franken. Sechs à la carte Hauptgerichte liegen zwischen 40 und 65 Schweizer Franken. „Meine Gerichte kosten, was sie kosten. Und ich rechtfertige meine Preise ungern“, erklärte Hunziker. Dies spiegelt ein Engagement für die Qualität der Zutaten und die kulinarische Integrität wider.
Historisch gesehen konnten niedrigere Menüpreise durch hohe Weinverkäufe ausgeglichen werden. Viele Betriebe kämpfen jedoch nun, da der Weinkonsum zurückgeht. Einige Restaurants erhöhen die Getränkepreise, um diesem Trend entgegenzuwirken. Hunziker wählt jedoch einen anderen Ansatz.
„Es nützt nichts, wenn ich mich selbst verwirkliche und die Gäste ausbleiben“, Christoph Hunziker über die Anpassung an Kundenpräferenzen.
„Manche Orte verlangen 14 Franken für einen Liter Wasser, aber ihr Filet ist 10 Franken billiger als meins“, bemerkte er. „Ich will nicht quersubventionieren. Aber es wäre Schönfärberei, wenn es bei mir nicht auch teilweise so wäre.“ Getränke machen etwas mehr als ein Drittel des Umsatzes des Schüpberg-Beizli aus.
Trotz seiner abgelegenen Lage hält das Schüpberg-Beizli stabile Weinverkäufe. Jüngere Generationen trinken vielleicht weniger, aber für ältere Landbewohner bleibt Wein ein Teil der Mahlzeit. Hunziker glaubt, dass eine 0,5-Promille-Alkoholgrenze dies nicht ändert. „Ich bin kein Polizist, und es ist nicht meine Aufgabe zu entscheiden, ob jemand noch hinter das Steuer kann“, sagte er.
Neuer Eintrag in Berns gehobener Gastronomie
Hallers Brass, geführt von Stefan Zingg und Sabine Nussbaumer, ist ein Neuzugang im Gault Millau Führer mit 13 Punkten. Dieses Restaurant befindet sich im Berner Länggasse-Quartier, nur neun Kilometer vom Schüpberg-Beizli entfernt. Sie betreiben das Quartierrestaurant seit fünf Jahren, zunächst für die Stiftung Steinhölzli, und nun unter eigener Firma.
„Es ist ein sehr guter Start und verschafft uns Sichtbarkeit, weil wir im Quartier etwas versteckt sind“, sagte Sabine Nussbaumer. Stefan Zingg fügte hinzu: „Wir werden unser Konzept jetzt nicht anpassen, nur um auf 14 oder 15 Punkte zu kommen.“ Dies deutet auf einen Fokus auf ihre etablierte kulinarische Identität hin.
Angebote von Hallers Brass
- Bietet Platz für ca. 45 Gäste.
- Vier-Gänge-Vegetariermenü: 84 Schweizer Franken.
- Fleischmenü: 92 Schweizer Franken.
- Kleiner Preisunterschied aufgrund arbeitsintensiver vegetarischer Gerichte und hoher Personalkosten.
Zingg erklärte den geringen Preisunterschied zwischen vegetarischen und Fleischmenüs. „Vegetarische Gerichte sind für uns sehr arbeitsintensiv, und Personal ist einfach der grösste Kostentreiber.“ Sie zahlen auch faire Preise an ihre Lieferanten, die namentlich auf der Speisekarte aufgeführt sind, um hochwertige Produkte zu gewährleisten.
Für Getränke bietet Hallers Brass mittags hausgemachte Eistees und Limonaden an. Sie haben auch eine grosse Auswahl an offenen Weinen, einschliesslich Premium-Sorten, die bis zu 15 Schweizer Franken pro Deziliter kosten. „Gäste schätzen es, nur ein Glas eines schönen Burgunders vom Fass geniessen zu können“, bemerkte Zingg. Beliebte Artikel sind auch 3,75-Deziliter-Flaschen.
Sabine Nussbaumer konzentriert sich auf eine breitere Auswahl an offenen Weinen, um dem reduzierten Weinkonsum entgegenzuwirken. Zingg und Nussbaumer besitzen die Aktiengesellschaft, die das Restaurant pachtet. Im Gegensatz dazu besitzt Christoph Hunziker die Liegenschaft des Schüpberg-Beizli. Das Zur Gedult wird von einer Genossenschaft betrieben, deren Präsidentin Barbara Schütz ist.
Ein Spitzenrestaurant zu führen erfordert erhebliche Investitionen. „Ohne Leute, die Geld investieren, ist es nicht möglich“, erklärte Schütz. Lukas Kiener schloss: „Der Arbeitsaufwand und die ganze Zeit, die man investiert, können finanziell nicht kompensiert werden. Man braucht Freude und Leidenschaft.“ Dies unterstreicht die Hingabe, die für den Erfolg in der gehobenen Gastronomie erforderlich ist.




