Die Schweizer Pharmaindustrie steht vor erheblichen Herausforderungen, nachdem die Vereinigten Staaten beschlossen haben, 100-prozentige Zölle zu erheben. Dieser Schritt der US-Regierung hat in der gesamten Schweiz, insbesondere in Basel, einem wichtigen Zentrum für Pharmaunternehmen, Besorgnis ausgelöst. Die Zölle dürften den bestehenden Druck auf Schweizer Arzneimittelhersteller verstärken und könnten zu Verschiebungen in den globalen Produktionsstrategien führen.
Wichtige Erkenntnisse
- USA verhängen 100-prozentige Zölle auf Schweizer Pharmaprodukte.
- Die Schweizer Regierung hielt einen Krisengipfel mit Branchenführern ab.
- Basel, ein wichtiges Pharmazentrum, lobbyiert aktiv für seine Industrie.
- Es bestehen Bedenken hinsichtlich der Produktionsverlagerung und der globalen Arzneimittelpreise.
- Schweizer Politiker fordern eine nationale Pharmastrategie.
Neue Zölle beeinflussen den Schweizer Pharmasektor
Die Hoffnungen auf eine schnelle Lösung im Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten wurden am Freitagmorgen zerschlagen. Anstatt eines Zeichens der Entspannung erhielt die Schweiz beunruhigende Nachrichten: US-Präsident Donald Trump kündigte 100-prozentige Zölle auf die Schweizer Pharmaindustrie an. Diese Entscheidung markiert eine erhebliche Eskalation der Handelsbeziehungen.
Die Ankündigung folgt auf eine Zeit der Ungewissheit. Etwa 59 Tage zuvor hatte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter ein kritisches Telefonat mit Trump geführt, das zur ursprünglichen Ankündigung eines 39-prozentigen Zolls führte. Diese frühere Erklärung hatte bereits in der Schweiz, einer Nation, die stolz auf ihre wirtschaftliche Stabilität und ihre globalen Handelspartnerschaften ist, erheblichen Schock ausgelöst.
Schweizer Regierung reagiert auf Branchenbedenken
Am 22. September berief der Bundesrat einen Krisengipfel im Bernerhof ein. Das Treffen brachte 26 Spitzenvertreter von Schweizer Pharmaunternehmen und Branchenverbänden zusammen. Unter den Teilnehmern waren Lukas Engelberger, Basler Gesundheitsdirektor, und Kaspar Sutter, Basler Wirtschaftsdirektor, beide 50 Jahre alt.
Basel, bekannt als wichtiges Pharmazentrum, arbeitet aktiv daran, seine Industrie zu schützen. Die nationale Regierung hat der Forderung der Industrie nach höheren inländischen Arzneimittelpreisen nicht zugestimmt. Nach der Diskussionsrunde bekräftigte der Bundesrat jedoch sein Engagement für den Pharmasektor.
„Wir haben ein gemeinsames Ziel: die Industrie in der Schweiz zu stärken“, erklärte Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider (61) den Medien und unterstrich damit die Unterstützung der Regierung.
Entwicklung einer nationalen Pharmastrategie
Die jüngste Haltung des Bundesrates markiert eine Änderung gegenüber Anfang September. Damals hatte er einen Antrag der Basler SP-Ständerätin Eva Herzog (63) für eine nationale Pharmastrategie abgelehnt. Herzogs Antrag forderte die Regierung auf, „eine Strategie zur Stärkung der Schweiz als Pharma- und Biotechnologiestandort zu entwickeln und umzusetzen“. Trotz der Empfehlung des Bundesrates, den Antrag abzulehnen, stimmte der Ständerat dem Antrag während der Herbstsession einstimmig zu.
Wichtige Fakten
Der Pharma- und Life-Sciences-Sektor trägt erheblich zur Schweizer Wirtschaft bei und macht einen grossen Teil ihrer Wertschöpfung und Steuereinnahmen aus.
Ein weiterer Antrag, der von der Basler Nationalrätin Patricia von Falkenstein (64, LDP) vorgeschlagen wurde und ebenfalls eine Standortstrategie für den Schweizer Pharma- und Life-Sciences-Sektor befürwortete, wurde vom Bundesrat zunächst ebenfalls abgelehnt. Der wachsende Druck durch US-Zölle hat jedoch wahrscheinlich den erneuten Fokus des Bundesrates auf die Industrie beeinflusst.
Politische Perspektiven auf Branchenherausforderungen
Eva Herzog betonte die Notwendigkeit einer umfassenden Betrachtung der Pharmaindustrie.
„Wir brauchen eine ganzheitliche Sicht auf die Pharmaindustrie“, erklärte Herzog. „Es gibt Strategien für den Finanzsektor, aber nicht für die Pharma, obwohl sie erheblich zur Wertschöpfung der Schweiz beiträgt.“
Anders als der Branchenverband Interpharma befürwortet Herzog keine höheren Arzneimittelpreise zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Stattdessen hebt sie andere kritische Faktoren hervor. „Es ist entscheidend, dass innovative Medikamente schneller zugelassen werden. Verzögerungen bei Zulassungen schaden der klinischen Forschung, der Innovation und dem Forschungsstandort Schweiz“, erklärte sie.
Hintergrund zu Handelsspannungen
Der aktuelle Zollstreit ist Teil eines breiteren Handelskonflikts, der vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump initiiert wurde. Seine Regierung verhängte zuvor einen 39-prozentigen Zoll auf die Schweiz, was zu intensiven Verhandlungen führte. Der jüngste 100-prozentige Zoll auf Pharmazeutika fügt diesen laufenden Diskussionen eine weitere Komplexitätsebene hinzu.
Unsicherheit bezüglich Zollausnahmen
Bezüglich der neuen US-Pharma-Zölle riet Herzog zur Geduld. „Vieles ist noch unklar“, bemerkte sie. So sei beispielsweise unsicher, ob grosse Unternehmen wie Novartis und Roche ausgenommen würden. Diese Unternehmen produzieren und investieren bereits stark in den Vereinigten Staaten. Herzog glaubt, dass Trumps Zölle einen bestehenden Trend beschleunigen: die Produktion innerhalb der Zielmärkte. „Trumps Zölle verstärken eine Entwicklung, die bereits im Gange ist, die Produktion in den Märkten“, sagte sie.
Herzog äusserte grössere Besorgnis über internationale Arzneimittelpreistrends als über die Verlagerung der Produktion. „Wenn diese Preise massiv reduziert werden, verlieren Pharmaunternehmen Einnahmen. Die Schweiz wird diese Auswirkungen auf Forschungsinvestitionen und Steuereinnahmen spüren“, warnte sie.
Basels anhaltende Attraktivität und Zukunftsaussichten
Herzog glaubt nicht, dass Basel von einer Verlagerung der Hauptsitze von Roche und Novartis bedroht ist. Rechtssicherheit und Stabilität bleiben starke Argumente für die Stadt. Sie betonte jedoch, dass Basel seine Attraktivität aufrechterhalten muss, um weiterhin Investitionen anzuziehen.
Kaspar Sutter, Basler Regierungsrat, äusserte eine kritischere Sicht auf die Verlagerung der Produktion ins Ausland. „Donald Trumps Ankündigung ist nicht gut für den Produktionsstandort Schweiz, da sie den Trend verstärkt, dass der US-Markt zunehmend direkt in den USA produziert“, erklärte Sutter. Er fügte hinzu, dass der Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz nicht unmittelbar betroffen sei.
Basels Stärken
- Stabiles regulatorisches Umfeld
- Rechtssicherheit
- Hochqualifizierte Arbeitskräfte
- Akademische Freiheit
- Ausgezeichnete Infrastruktur
Sutter betonte Basels starke Position. „Basel-Stadt bietet stabile Bedingungen, Rechtssicherheit, qualifizierte Fachkräfte, wissenschaftliche Freiheit und eine ausgezeichnete Infrastruktur. Das Basler Standortpaket trägt wesentlich dazu bei“, sagte er. Er hob die Bedeutung Basels hervor, attraktiv für die Forschungs- und Entwicklungssegmente der Pharmaunternehmen zu bleiben.
Sutter forderte auch die Bundesregierung zu entschlossenem Handeln auf. Er erklärte, dass die Bilateralen III-Abkommen umgesetzt werden müssen, um den Zugang zur EU, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz, zu sichern. „Des Weiteren erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie eine Strategie für den Life-Sciences-Sektor der Schweiz entwickelt, wie es die Anträge von Herzog und von Falkenstein fordern“, schloss er.
Laufende diplomatische Bemühungen
Die gesamte Situation entfaltet sich vor dem Hintergrund eines anhaltenden Zollstreits, der mit Trumps 39-prozentiger Zollankündigung begann. Die Schweizer Regierung hat den Amerikanern Berichten zufolge ein verbessertes Angebot für ein Handelsabkommen unterbreitet. Quellen zufolge haben US-Handelsbeauftragter Jamieson Greer (45) und Finanzminister Scott Bessent (63) bereits ihre Zustimmung gegeben. Der Hauptwiderstand soll von Handelsminister Howard Lutnick (64) kommen, der als starker Israel-Lobbyist in Trumps Kabinett bekannt ist. Lutnick war auch an früheren Streitigkeiten um herrenlose Vermögenswerte beteiligt und beschuldigte die Schweiz kürzlich, sich auf Kosten Amerikas zu bereichern.
Die Schweiz wartet nun auf eine Entscheidung des US-Präsidenten. Seit der ursprünglichen 39-prozentigen Zollankündigung ist allen Parteien klar, dass das Ergebnis allein von Trumps Verfassung abhängt. Während Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65) und die Industrie daran arbeiten, den Schweizer Pharmasektor zu erhalten, und Diplomaten ein Zollabkommen anstreben, warten Bern und Basel gespannt auf den Moment, in dem der US-Präsident das Dossier „Schweiz“ prüft. Diese Entscheidung könnte jederzeit fallen und spiegelt die unberechenbare Natur der „One-Man-Show“ des Weissen Hauses wider.