Eine einfache Idee, die in Bern, Schweiz, begann, verbindet nun Tausende von Nachbarn in ganz Europa. Das Projekt namens Pumpipumpe verwendet kleine Aufkleber an Briefkästen, um zu zeigen, welche Haushaltsgegenstände die Bewohner bereit sind zu teilen, von Küchengeräten bis zu Werkzeugen, und fördert so eine Kultur des Ausleihens statt des Kaufens.
Was 2012 als lokale Initiative begann, ist zu einem Netzwerk von über 24.000 Haushalten angewachsen. Überraschenderweise ist die Stadt mit den meisten Teilnehmern nicht ihr Schweizer Geburtsort, sondern Berlin, Deutschland, wo fast 1.500 Haushalte der Bewegung beigetreten sind, um Abfall zu reduzieren und stärkere Gemeinschaftsbindungen aufzubauen.
Wichtige Erkenntnisse
- Pumpipumpe ist eine gemeinnützige Sharing-Initiative, die 2012 in Bern gegründet wurde.
- Über 24.000 Haushalte in Europa nehmen teil, indem sie Aufkleber an ihren Briefkästen anbringen, um ausleihbare Gegenstände anzuzeigen.
- Berlin hat die höchste Nutzerzahl mit fast 1.500 teilnehmenden Haushalten.
- Das Projekt zielt darauf ab, Nachhaltigkeit zu fördern, Konsum zu reduzieren und Nachbarschaftsbeziehungen zu stärken.
- Werkzeuge und Küchengeräte gehören zu den am häufigsten geteilten Gegenstandskategorien.
Von einer Berner Idee zu einer europäischen Bewegung
Pumpipumpe wurde vor über einem Jahrzehnt von drei Freunden in Bern ins Leben gerufen, die ein häufiges Problem angehen wollten: Viele Haushaltsgegenstände sind im Besitz, werden aber selten benutzt. Sie stellten sich ein einfaches, Low-Tech-System vor, um diese ungenutzten Objekte anderen in der Gemeinschaft zugänglich zu machen.
Die Lösung war ein Satz illustrierter Aufkleber. Jeder kleine Aufkleber zeigt einen Gegenstand, wie einen Bohrer, eine Kuchenform oder eine Fahrradpumpe – der Gegenstand, der den Namen des Projekts inspirierte. Durch das Anbringen dieser Aufkleber an ihren Briefkästen signalisieren die Teilnehmer ihren Nachbarn, dass diese Gegenstände zum Ausleihen zur Verfügung stehen.
Mitbegründerin Lisa Ochsenbein erklärte die Kernphilosophie hinter dem Projekt. „Es gibt so viele Dinge, die wir besitzen, aber im Durchschnitt nur wenige Male in unserem Leben benutzen“, sagte sie. Ziel ist es, diese Gegenstände, die oft nur in Schränken, auf Dachböden und in Kellern Staub sammeln, besser zu nutzen.
Eine doppelte Mission: Nachhaltigkeit und soziale Verbindung
Neben den Umweltvorteilen des reduzierten Konsums wurde Pumpipumpe mit einer starken sozialen Komponente gegründet. Das Ausleihen eines Gegenstands schafft eine natürliche Gelegenheit für Nachbarn, sich zu treffen und auszutauschen, was das Gefüge lokaler Gemeinschaften stärkt. Ochsenbein bemerkt, dass die Erfahrung überwältigend positiv war und sagt: „Die Leute freuen sich, wenn sie jemandem mit einem Gegenstand helfen können.“
Wie das Sticker-System funktioniert
Das Projekt begann mit Aufklebern für die gängigsten, selten genutzten Gegenstände. Frühe Optionen umfassten Bohrmaschinen, Verlängerungskabel und Fonduesets – ein klassischer Schweizer Haushaltsgegenstand. Der Fahrradpumpen-Aufkleber war ebenfalls ein Original und verlieh der gesamten Initiative ihren spielerischen Namen „Pumpipumpe“.
Mit zunehmender Beliebtheit des Projekts wuchs auch die Vielfalt der verfügbaren Aufkleber. Heute können die Teilnehmer aus einem Katalog von 50 verschiedenen Illustrationen wählen. Die Auswahl umfasst nun spezialisiertere Gegenstände wie eine Discokugel, einen Kindersitz oder sogar ein Halloween-Kostüm, was die vielfältigen Bedürfnisse moderner Gemeinschaften widerspiegelt.
Erweiterung der Sharing-Möglichkeiten
Um die Flexibilität des Systems zu gewährleisten, legen die Organisatoren jeder Bestellung auch leere Aufkleber bei. Dies ermöglicht es den Menschen, Gegenstände, die nicht von den Standardillustrationen abgedeckt sind, zu zeichnen oder zu schreiben. Diese Funktion hat zu einigen kreativen und herzerwärmenden Sharing-Angeboten geführt.
„Ich habe Aufkleber mit Hunden an Briefkästen gesehen“, erzählte Ochsenbein und erklärte, dass dies eine freundliche Einladung an Nachbarn sei, anzubieten, den Hund des Besitzers spazieren zu führen.
Ein Bogen Aufkleber kann auf der Pumpipumpe-Website für 7 Schweizer Franken bestellt werden. Laut Ochsenbein arbeitet das Projekt als gemeinnütziger Verein. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Aufkleber werden zur Deckung der Produktionskosten und der Website-Wartung verwendet. Der Versand und die Abwicklung der Aufkleber werden nun von einem Sozialunternehmen mit Sitz in Aargau, Schweiz, verwaltet.
Am häufigsten geteilte Gegenstände
Obwohl eine genaue Zählung der ausgeliehenen Gegenstände nicht verfolgt wird, deuten Beobachtungen des Pumpipumpe-Teams darauf hin, dass bestimmte Kategorien beliebter sind als andere. Die häufigsten Aufkleber, die an Briefkästen in ganz Europa zu sehen sind, sind für:
- Werkzeuge (Bohrmaschinen, Sägen, Schraubendreher)
- Küchengeräte (Mixer, Backformen, Fonduesets)
- Outdoor- & Freizeitausrüstung (Zelte, Fahrräder, Schlitten)
Die Lücke zwischen Analog und Digital überbrücken
In ihren Anfängen war Pumpipumpe ein rein analoges System. Wenn man einen Bohrer brauchte, musste man durch seine Nachbarschaft gehen, einen Aufkleber entdecken und an der Tür des Nachbarn klingeln. Obwohl diese persönliche Interaktion zentral für die Mission des Projekts ist, erkannten die Gründer, dass sie für einige eine Barriere darstellen könnte.
„In der Schweiz erfordert es einen gewissen Mut, an der Tür eines Nachbarn zu klingeln und um etwas zu bitten“, bemerkte Ochsenbein und wies auf eine kulturelle Zurückhaltung hin, sich anderen zur Last zu fühlen.
Um die Teilnahme zu erleichtern, führte Pumpipumpe eine digitale Komponente ein. Eine interaktive Online-Karte auf ihrer Website ermöglicht es Benutzern, ihre Adresse zu registrieren und die Gegenstände aufzulisten, die sie teilen möchten. Teilnehmer können auch freiwillig eine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse hinzufügen, was den Ausleihern einen weniger direkten Weg bietet, den ersten Kontakt herzustellen.
Dieser hybride Ansatz ermöglicht es schüchternen Personen, zuerst eine Nachricht zu senden, während er gleichzeitig den letztendlichen persönlichen Austausch fördert, der die Gemeinschaft aufbaut.
Die Psychologie des Teilens in der Schweiz
Trotz des Erfolgs von Initiativen wie Pumpipumpe steht ein breiterer kultureller Wandel hin zum Teilen in der Schweiz vor Herausforderungen. Eine Studie zum Sharing-Verhalten der Hochschule Luzern – Technik & Architektur aus dem Jahr 2021 zeigte eine Kluft zwischen Theorie und Praxis auf.
Die Studie kam zu dem Schluss, dass viele Schweizer Bewohner die Idee einer Sharing Economy zwar unterstützen, aber oft selbst nicht daran teilnehmen. Hauptgründe für diese Zurückhaltung sind:
- Ein Gefühl der Unabhängigkeit: Der Besitz eines Gegenstands, auch wenn er selten benutzt wird, vermittelt ein Gefühl der Autonomie.
- Hohe Kaufkraft: In einem Land mit einer starken Wirtschaft ist es oft einfach und erschwinglich, einfach einen neuen Gegenstand zu kaufen, anstatt einen auszuleihen.
- Angst vor Beschädigung: Es besteht die allgemeine Sorge, dass ein ausgeliehener Gegenstand von einem Nachbarn beschädigt oder kaputt gemacht werden könnte.
Projekte wie Pumpipumpe arbeiten daran, diese Hürden zu überwinden, indem sie einen risikoarmen, gemeinschaftsbasierten Rahmen schaffen. Der einfache Aufkleber fungiert als vorab genehmigte Einladung, die die Unsicherheit des Fragens beseitigt und die Offenheit eines Haushalts zum Teilen signalisiert.
Während die Werbematerialien des Projekts einst spielerisch auf eine Romanze anspielten, die über eine ausgeliehene Kuchenform entstehen könnte, bestätigt Ochsenbein humorvoll, dass ihnen noch keine solchen Liebesgeschichten gemeldet wurden. „Wir warten noch auf die grosse Liebesgeschichte“, schloss sie. Vorerst liegt der Fokus darauf, Freundschaften aufzubauen, einen ausgeliehenen Gegenstand nach dem anderen.




