Das Berner Obergericht hat eine Begleitperson freigesprochen, die einen Lernfahrer beaufsichtigte, bei dem übermässige THC-Werte im Blut festgestellt wurden. Das Gericht entschied, dass eine allgemeine Pflicht für Begleitpersonen, sich nach Drogenkonsum zu erkundigen, unrealistisch sei. Diese Entscheidung hebt das Argument des Generalstaatsanwalts auf, dass eine Begleitperson die gleiche Verantwortung wie der Fahrer trage.
Der Vorfall, der sich im Dezember 2022 ereignete, betraf einen 53-jährigen Lernfahrer. Die Polizei hielt ihn an einer Autobahnzufahrt für eine Routinekontrolle an. Ein Schnelltest auf Drogen war positiv, und eine anschliessende Blutuntersuchung ergab THC-Werte, die mehr als doppelt so hoch waren wie der gesetzliche Grenzwert. Der Mann wurde wegen Fahrens unter Beeinträchtigung verurteilt.
Wichtige Erkenntnisse
- Das Berner Obergericht sprach die Begleitperson eines Lernfahrers frei.
- Die Begleitperson war nicht verpflichtet, aktiv nach Drogenkonsum zu fragen.
- Das Gericht erachtete eine allgemeine Erkundigungspflicht als "unrealistisch".
- Der Kanton Bern übernimmt Gerichtskosten von fast 10'000 Schweizer Franken.
THC-Werte des Lernfahrers überschreiten den gesetzlichen Grenzwert
Im Dezember 2022 sah sich ein 53-jähriger Lernfahrer nach einer Polizeikontrolle mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert. Beamte führten bei einer Kontrolle an einer Autobahnzufahrt einen Drogentest durch. Der Test ergab ein positives Ergebnis für THC, den primären psychoaktiven Bestandteil von Cannabis.
Weitere Analysen einer Blutprobe bestätigten eine erhebliche Beeinträchtigung. Die THC-Konzentration des Fahrers war mehr als doppelt so hoch wie der gesetzliche Grenzwert. Dieser Befund führte zu seiner Verurteilung wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand.
"Ein am Vorabend gerauchter Joint hatte im Dezember 2022 gravierende Folgen für einen 53-jährigen Lernfahrer", berichtete die Berner Zeitung und hob damit die unmittelbare Ursache des Gerichtsverfahrens hervor.
Fakten-Check
- Datum des Vorfalls: Dezember 2022
- Alter des Fahrers: 53 Jahre
- THC-Wert: Mehr als doppelt so hoch wie der gesetzliche Grenzwert
- Rechtliches Ergebnis für den Fahrer: Verurteilt wegen Fahrens unter Beeinträchtigung
Begleitperson ebenfalls angeklagt
Der Rechtsfall ging über den Lernfahrer hinaus. Auch seine Begleitperson, die während der privaten Fahrstunde anwesend war, wurde angeklagt. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass eine beaufsichtigende Begleitperson eine ähnliche Verantwortung wie der Fahrer trage.
Die Staatsanwaltschaft vertrat die Ansicht, dass Begleitpersonen aktiv nach dem Konsum von Alkohol, Drogen oder Medikamenten durch einen Lernfahrer fragen sollten. Dieser proaktive Ansatz sei notwendig, um die Sicherheit während der Fahrausbildung zu gewährleisten.
Kontext des Lernfahrens in der Schweiz
In der Schweiz muss ein Lernfahrer von einer Person begleitet werden, die mindestens 23 Jahre alt ist und seit mindestens drei Jahren einen gültigen Führerausweis für die Fahrzeugkategorie besitzt, ohne dass dieser entzogen wurde. Die Begleitperson muss die Handbremse erreichen können. Der rechtliche Rahmen zielt darauf ab, die Sicherheit und eine ordnungsgemässe Anleitung während der Lernphase zu gewährleisten.
Regionalgericht spricht Begleitperson frei
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland verhandelte den Fall gegen die Begleitperson zunächst. Das Gericht stimmte der Ansicht der Staatsanwaltschaft bezüglich der Verantwortung der Begleitperson nicht zu. Es fand keine Anhaltspunkte dafür, dass die Begleitperson den Drogenkonsum des Fahrers hätte erkennen müssen.
Das Regionalgericht kam zu dem Schluss, dass die Auferlegung einer allgemeinen Pflicht, Lernfahrer nach Drogenkonsum zu befragen, unpraktisch wäre. Diese Entscheidung schuf einen Präzedenzfall für die anschliessende Berufung.
Obergericht bestätigt Freispruch
Die Staatsanwaltschaft legte gegen die Entscheidung des Regionalgerichts Berufung ein. Das Berner Obergericht bestätigte jedoch den Freispruch. Das Obergericht stützte die Argumentation des unteren Gerichts und erklärte, dass eine allgemeine Pflicht, nach Drogenkonsum zu fragen, "unrealistisch" und unverhältnismässig sei.
Das Gericht betonte, dass die Verantwortung nicht allein bei den Begleitpersonen liegen könne. Dies gelte insbesondere bei der Beaufsichtigung älterer oder erfahrenerer Lernfahrer. Das Urteil deutet auf eine nuancierte Sichtweise der Rolle einer Begleitperson hin.
- Erstes Urteil: Regionalgericht sprach die Begleitperson frei.
- Berufung: Staatsanwaltschaft legte Berufung gegen die Entscheidung ein.
- Endgültiges Urteil: Obergericht bestätigte den Freispruch.
Widersprüchliche Angaben zum Zustand des Fahrers
Während des Gerichtsverfahrens gab es widersprüchliche Berichte über den Zustand des Lernfahrers zum Zeitpunkt des Vorfalls. Die Verteidigung der Begleitperson erklärte, sie sei sich der Gewohnheiten des Lernfahrers nicht bewusst gewesen, so die Berner Zeitung.
Polizeibeamte, die mit dem Fahrer interagierten, beschrieben ihn als apathisch wirkend und lallend. Andere offizielle Aufzeichnungen zeigten jedoch ein anderes Bild. Diese Aufzeichnungen besagten, dass der Fahrer orientiert und nur leicht beeinträchtigt war.
Das Obergericht nahm diese widersprüchlichen Aussagen zur Kenntnis. Diese widersprüchlichen Beweise spielten wahrscheinlich eine Rolle bei der Entscheidung des Gerichts, die Begleitperson freizusprechen.
Wichtiges Rechtsprinzip
Die Entscheidung des Obergerichts betont, dass die Auferlegung einer umfassenden, aktiven Erkundigungspflicht für Begleitpersonen bezüglich des Substanzkonsums eines Lernfahrers unter allen Umständen weder praktisch noch zumutbar ist. Dies setzt eine Grenze für das Ausmass der Haftung einer Begleitperson.
Kanton Bern trägt Gerichtskosten
Das Gerichtsverfahren ist mit finanziellen Auswirkungen abgeschlossen. Der Kanton Bern übernimmt die Kosten des Verfahrens. Diese Kosten belaufen sich auf fast 10'000 Schweizer Franken.
Dieses Ergebnis unterstreicht die endgültige Feststellung des Gerichts, dass die Begleitperson rechtlich nicht für die Beeinträchtigung des Lernfahrers verantwortlich war. Die Entscheidung bekräftigt den Grundsatz, dass für die Haftung einer Begleitperson spezifische Beweise für Fahrlässigkeit erforderlich sind.
Der Fall beleuchtet die Komplexität der Haftung in beaufsichtigten Fahrsituationen. Er klärt die Grenzen der rechtlichen Pflichten einer Begleitperson in der Schweiz.




