Gegner der geplanten Berner Mindestlohn-Initiative haben beim Verwaltungsgericht Beschwerde eingereicht. Diese Massnahme verzögert die Einführung eines Mindestlohns in der Stadt Bern auf unbestimmte Zeit. Das Initiativkomitee hat diesen Schritt scharf kritisiert und als bewusstes Manöver bezeichnet.
Die Initiative fordert einen Mindestlohn von 23.80 Schweizer Franken pro Stunde innerhalb der Stadtgrenzen. Befürworter argumentieren, dass dies ein entscheidendes Instrument zur Armutsbekämpfung und zur Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen für alle Einwohner sei.
Wichtige Erkenntnisse
- Wirtschaftsverbände haben gegen die Berner Mindestlohn-Initiative Beschwerde eingelegt.
- Die Beschwerde verzögert die Einführung eines Mindestlohns von 23.80 CHF pro Stunde.
- Initiativbefürworter kritisieren die Beschwerde als Verzögerungstaktik.
- Gegner argumentieren, dass lokale Mindestlöhne nicht praktikabel sind.
- Der rechtliche Prozess wird den Fortschritt der Initiative bis zur Klärung aufhalten.
Rechtliche Anfechtung stoppt Mindestlohn-Fortschritt
Das Verwaltungsgericht in Bern hat eine Beschwerde gegen die städtische Mindestlohn-Initiative erhalten. Diese Beschwerde wurde von mehreren lokalen Wirtschaftsverbänden eingereicht. Die rechtliche Anfechtung bedeutet, dass der vorgeschlagene Mindestlohn nicht wie geplant umgesetzt werden kann.
Im August hatte das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland die Mindestlohn-Initiative für gültig erklärt. Es hatte zuvor eine im März eingereichte Beschwerde der Sektion Bern des Kantonalen Gewerbeverbandes (HIV), des Berner KMU-Verbandes, des Berner Arbeitgeberverbandes und einer Privatperson abgewiesen. Das Regierungsstatthalteramt fand damals keine rechtlichen Gründe, die Initiative für ungültig zu erklären.
Wichtige Fakten
Der vorgeschlagene Mindestlohn in Bern beträgt 23.80 Schweizer Franken pro Stunde. Dieser Betrag soll prekäre Arbeitsbedingungen in der Stadt bekämpfen.
Position der Gegner zur lokalen Umsetzung
Philip Kohli, Geschäftsführer der Sektion Bern des Kantonalen Gewerbeverbandes (HIV), bestätigte die Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Er erklärte, dass die Argumente gegen die Initiative unverändert blieben. Kohli betonte, dass seine Organisation nicht gegen den Mindestlohn von 23.80 CHF an sich sei.
"Wir sind sicher nicht auf Lohndumping aus", erklärte Kohli. "Der Lohn von 23.80 Franken wird bereits bezahlt und ist in Gesamtarbeitsverträgen geregelt."
Das Hauptanliegen von Kohli und seinen Kollegen ist die Einführung der Initiative auf kommunaler Ebene. Sie sind der Meinung, dass eine solche Regelung national und nicht lokal umgesetzt werden sollte. Laut Kohli ist ein fragmentierter Ansatz über verschiedene Gemeinden hinweg weder praktikabel noch effektiv.
Hintergrund zur Initiative
Die Mindestlohn-Initiative wurde von einer Koalition aus links-grünen Parteien, Gewerkschaften und Hilfsorganisationen lanciert. Ihr primäres Ziel ist die Festlegung eines Mindeststundenlohns von 23.80 Franken in der gesamten Stadt Bern. Diese Massnahme soll Armut bekämpfen und die Arbeitsbedingungen für Geringverdienende verbessern.
Initiativkomitee verurteilt Beschwerde
Das Initiativkomitee kritisierte die Beschwerde scharf. In einer öffentlichen Erklärung bezeichneten sie den Schritt als "verwerflich" und als "sinnloses juristisches Geplänkel". Sie verurteilten scharf, was sie als bewusste Verzögerungstaktik der Wirtschaftsverbände ansehen.
Lena Allenspach (SP), eine Mitinitiatorin der Bewegung, hob die klare rechtliche Position hervor, die die Initiative unterstützt. Sie verwies auf Gutachten, die die Rechtmässigkeit kommunaler Mindestlöhne bestätigen. Allenspach bemerkte auch, dass der Stadtrat bereits die Befugnis Berns zur Einführung sozial gerechtfertigter Mindestlöhne bestätigt hatte.
"Die Rechtslage ist klar, und es gibt Gutachten, die dies belegen", sagte Lena Allenspach. "Auch der Stadtrat hat bestätigt, dass die Stadt sozial gerechtfertigte Mindestlöhne erlassen kann."
Darüber hinaus wies das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland die ursprüngliche Beschwerde gegen die Initiative vollständig ab. Diese Ablehnung, so Allenspach, stärke die rechtliche Gültigkeit ihres Vorschlags zusätzlich.
Armutsbekämpfung durch faire Löhne
Allenspach betonte die Bedeutung eines gesetzlichen Mindestlohns als Instrument zur Armutsbekämpfung. Sie formulierte das Kernprinzip hinter der Initiative: sicherzustellen, dass niemand für "Hungerlöhne" arbeiten oder trotz Erwerbstätigkeit in Armut leben muss.
Viele Einzelpersonen und Familien in Bern kämpfen mit den hohen Lebenshaltungskosten. Ein Mindestlohn von 23.80 CHF soll ein existenzsicherndes Einkommen ermöglichen. Dies stellt sicher, dass auch Personen in Einstiegs- oder geringqualifizierten Berufen ihre Grundbedürfnisse decken können, ohne auf Sozialhilfe angewiesen zu sein.
Das Initiativkomitee bleibt seinem Ziel verpflichtet. Sie glauben, dass eine faire Entschädigung ein Grundrecht und ein notwendiger Schritt zu einer gerechteren Gesellschaft in Bern ist.
Auswirkungen auf den Gesetzgebungsprozess
Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht hat direkte Auswirkungen auf den Zeitplan der Initiative. Während die Beschwerde anhängig ist, werden alle Fristen für die Bearbeitung des Antrags ausgesetzt. Dies bedeutet, dass die einjährige Frist für den Berner Stadtrat zur Vorbereitung eines Vorschlags für das Stadtparlament pausiert.
Die Uhr wird erst nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens und einer rechtskräftigen Entscheidung wieder in Gang gesetzt. Dies könnte eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen und die mögliche Einführung des Mindestlohns weiter verzögern.
Rechtliche Präzedenzfälle
Entscheidungen des Zürcher Verwaltungsgerichts, die kommunale Mindestlohnregelungen in Zürich und Winterthur aufhoben, sind nicht direkt auf Bern übertragbar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in den beiden Kantonen unterscheiden sich laut Berner Behörden erheblich.
Nächste Schritte und Zukunftsaussichten
Das Verwaltungsgericht wird nun die Beschwerde prüfen. Dieser Prozess beinhaltet die Untersuchung der rechtlichen Argumente, die sowohl von den Wirtschaftsverbänden als auch vom Initiativkomitee vorgebracht wurden. Die Entscheidung des Gerichts wird bestimmen, ob die Initiative voranschreiten kann oder ob sie weiteren rechtlichen Hürden gegenübersteht.
Vorerst bleibt die Zukunft eines kommunalen Mindestlohns in Bern ungewiss. Beide Seiten bereiten sich auf einen potenziell langwierigen Rechtsstreit vor. Das Ergebnis wird erhebliche Auswirkungen auf Arbeitnehmer, Unternehmen und die lokale Verwaltung in der Stadt haben.
Die Debatte verdeutlicht die Spannung zwischen lokaler Autonomie in der Sozialpolitik und dem Wunsch nach nationaler Konsistenz in Wirtschaftsregelungen. Während der rechtliche Prozess abläuft, werden die Berner Einwohner genau beobachten, wie dieses wichtige Thema gelöst wird.




