Im Berner Stadtrat läuft eine politische Debatte über den Vorschlag zur Einrichtung einer neuen zentralen Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierung. Der von linken Parteien unterstützte Plan wird auf jährlich mindestens eine halbe Million Schweizer Franken geschätzt und stösst bei Mitte-Rechts- und rechten Parteien auf Ablehnung, die dessen Notwendigkeit in Frage stellen.
Wichtigste Erkenntnisse
- Linke Parteien in Bern schlagen die Schaffung eines neuen, zentralisierten Anti-Diskriminierungsbüros vor.
- Die geschätzten jährlichen Kosten für das neue Büro belaufen sich auf mindestens 500'000 Schweizer Franken.
- Die Stadt betreibt derzeit drei spezialisierte Büros mit insgesamt 11,25 Vollzeitstellen, die sich mit verwandten Themen befassen.
- Die SVP und Die Mitte lehnen den Vorschlag ab und verweisen auf bestehende Ressourcen und andere Prioritäten.
Vorschlag für eine zentrale Anti-Diskriminierungsstelle
Eine Koalition linker Parteien, darunter die Sozialdemokratische Partei (SP), die Grünen und die Alternative Linke, hat formell die Schaffung eines neuen Anti-Diskriminierungsbüros in der Stadt Bern beantragt. Die Befürworter wollen Bern als Vorreiter bei der Förderung der Gleichstellung und der Bekämpfung von Diskriminierungsformen positionieren, die ihrer Meinung nach derzeit unzureichend behandelt werden.
Der Vorschlag zielt darauf ab, den Fokus der Stadt über ihre bestehenden Mandate hinaus zu erweitern. Er identifiziert mehrere Gruppen, die gezieltere Unterstützung benötigen, darunter Personen, die Diskriminierung aufgrund von Armut, Religion oder einer nomadischen Lebensweise erfahren. Ein Hauptziel ist es, eine zentrale Anlaufstelle für alle Formen von Diskriminierung zu schaffen.
Die Begründung für die Erweiterung
Befürworter des Antrags argumentieren, dass ein neues, zentralisiertes Büro notwendig ist, um sicherzustellen, dass niemand übersehen wird. Barbara Keller von der SP betonte die Bedeutung der Ressourcenallokation für die Erreichung echter Gleichstellung.
"Wer Chancengleichheit will, muss bereit sein, Ressourcen bereitzustellen", erklärte Keller.
Die SP hebt das Problem der Mehrfachdiskriminierung hervor, bei der Einzelpersonen gleichzeitig an mehreren Fronten Vorurteilen ausgesetzt sind. Als Beispiele werden queere Geflüchtete, alleinerziehende Eltern, die von Armut betroffen sind, ältere Menschen mit Behinderungen und Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus genannt. Laut der Partei erfordern diese komplexen Fälle einen integrierteren Ansatz, als das derzeitige System bietet.
Aktuelle Personalbesetzung im Bereich Anti-Diskriminierung
Die Stadt Bern beschäftigt bereits 11,25 Vollzeitäquivalente in drei separaten spezialisierten Büros, die sich der Bekämpfung von Diskriminierung und der Förderung der Gleichstellung widmen.
Politische Opposition und alternative Prioritäten
Der Vorschlag stösst bei anderen politischen Parteien im Stadtrat auf erheblichen Widerstand. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) und Die Mitte haben beide ihre Ablehnung geäussert und argumentieren, dass der bestehende Rahmen ausreichend sei und dass die Stadtgelder anderweitig eingesetzt werden sollten.
SVP konzentriert sich auf öffentliche Sicherheit
Die SVP hat die Forderung nach zusätzlichen Mitteln entschieden zurückgewiesen. Aliki Panayides, Vertreterin der SVP, erklärte, dass die Partei keinen Bedarf für ein neues Büro oder erhöhte Ausgaben in diesem Bereich sehe.
"Wir sehen keinen Handlungsbedarf – und schon gar keinen Sinn in zusätzlichen Geldern gegen Diskriminierung", erklärte Panayides.
Stattdessen argumentiert die SVP, dass der Hauptfokus der Stadt auf öffentlicher Sicherheit und Ordnung liegen sollte. Panayides schlug vor, dass Ressourcen besser für die Bewältigung von Problemen wie gewalttätigen Demonstrationen eingesetzt würden, und verwies auf Ereignisse im Zusammenhang mit dem Kulturzentrum Reitschule.
Die Mitte stellt die Wirksamkeit in Frage
Die Mitte lehnt die Erweiterung ebenfalls ab, wobei ihre Begründung auf der Wirksamkeit der Einstellung von mehr Personal beruht. Stadträtin Béatrice Wertli von Die Mitte erklärte, dass ihre Partei der Ansicht sei, dass die aktuellen Büros eine solide Grundlage für diese Arbeit bilden.
Wertli argumentierte, dass eine einfache Erhöhung des Personals oder der Mittel keine besseren Ergebnisse garantiere. Sie verwies auch auf die bedeutenden Beiträge von Nichtregierungsorganisationen, die bereits in diesem Bereich tätig sind.
"Wir sind überzeugt, dass die bestehenden Stellen eine gute Grundlage bilden", sagte Wertli. Sie merkte an, dass viele andere Gruppen, darunter Kirchen, NGOs und spezialisierte Beratungsstellen wie "gggfon", bereits entscheidende Unterstützung leisten und ihre Arbeit berücksichtigt werden sollte, bevor neue kommunale Strukturen geschaffen werden.
Bestehende Anti-Diskriminierungsbüros in Bern
Die aktuellen Anti-Diskriminierungsbemühungen der Stadt sind auf drei Hauptstellen verteilt:
- Fachstelle für Migration und Rassismusfragen (FMR): Unterstützt Migranten, berät Organisationen und arbeitet an der Bekämpfung von Rassismus.
- Fachstelle für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen: Fördert die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und berät die Stadtverwaltung.
- Fachstelle für Geschlechtergleichstellung: Konzentriert sich auf geschlechterbezogene Themen, berät Einzelpersonen und Unternehmen und setzt städtische Gleichstellungsprojekte um.
Breiterer Kontext der Gleichstellungsbemühungen in Bern
Die Debatte über das neue Büro beleuchtet auch den aktuellen Ansatz der Stadt zur Gleichstellung, insbesondere in Bezug auf das Geschlecht. Auf die Frage nach Diskriminierung, die Männer betrifft, räumte die Stadtverwaltung ein, dass Geschlechterstereotypen negative Folgen für alle Geschlechter haben, nicht nur für Frauen und queere Personen.
Beamte stellten fest, dass traditionelle Erwartungen an Männer, wie die alleinige Ernährerrolle oder die Unterdrückung von Emotionen, zu nachteiligen Ergebnissen führen können. Dazu gehören dokumentierte Zunahmen von Gesundheitsproblemen, höhere Sterblichkeitsraten und eine grössere Neigung zu Gewalt. Auch schlechtere schulische Leistungen bei Jungen wurden mit diesen starren sozialen Rollen in Verbindung gebracht.
Um dem entgegenzuwirken, setzt die Stadt derzeit verschiedene Strategien ein, darunter öffentliche Sensibilisierungskampagnen, Aktionspläne und schulbasierte Projekte. Das langfristige Ziel dieser Initiativen ist es, starre Geschlechterrollen abzubauen und eine grössere Chancengleichheit für alle zu fördern.
Der Vorschlag für das neue Anti-Diskriminierungsbüro wird nun den politischen Prozess der Stadt durchlaufen, wo seine finanziellen Auswirkungen und die wahrgenommene Notwendigkeit vom Stadtrat weiter debattiert werden.