Ein geplantes Konzert des amerikanischen Musikers Marilyn Manson in Bern hat Kritik von Stadtpräsidentin Marieke Kruit hervorgerufen. Die Veranstaltung, die am 22. November in der von der Bernexpo AG verwalteten Festhalle stattfinden soll, sieht sich einer Petition gegenüber, die ihre Absage fordert. Grund dafür sind frühere Missbrauchsvorwürfe gegen Manson, dessen bürgerlicher Name Brian Hugh Warner ist. Kruit erklärte, sie habe von Bernexpo bezüglich der Buchung "mehr Sensibilität erwartet".
Wichtigste Erkenntnisse
- Eine Petition fordert die Absage des Marilyn Manson Konzerts in Bern.
- Berns Stadtpräsidentin Marieke Kruit kritisierte das Vorgehen der Bernexpo AG bei der Buchung.
- Bernexpo CEO Tom Winter räumte ein, dass das Unternehmen bei der Buchung nicht alle Aspekte, einschliesslich der Missbrauchsvorwürfe, vollständig berücksichtigt habe.
- Eine Absage des Konzerts ist aufgrund bestehender vertraglicher Verpflichtungen finanziell unmöglich.
Stadtpräsidentin äussert Enttäuschung
Stadtpräsidentin Marieke Kruit, eine Politikerin der Sozialdemokratischen Partei (SP), äusserte ihre Bedenken bezüglich des bevorstehenden Marilyn Manson Konzerts. Während sie die Prinzipien der Kunstfreiheit und des Rechtsstaats in Bern anerkannte, betonte sie die Bedeutung von Sensibilität bei solchen Buchungen.
Kruit erklärte: "Ich verstehe alle Personen, die angesichts der Vorwürfe gegen Marilyn Manson seine Konzerte nicht besuchen möchten, und ich teile diese Ansicht selbst." Sie stellte klar, dass die Stadt die Veranstaltung rechtlich nicht absagen kann. Kommerzielle Konzerte benötigen keine städtische Genehmigung, es sei denn, es gibt polizeiliche Gründe im Zusammenhang mit Straftaten, wie etwa der Anstiftung zu Straftaten.
"Ich hätte hier mehr Sensibilität erwartet", sagte Marieke Kruit bezüglich der Entscheidung von Bernexpo. "Eine Person ist erst schuldig, wenn sie verurteilt wurde."
Die Staatsanwaltschaft von Los Angeles stellte ihre Ermittlungen gegen den 56-jährigen Künstler im Januar ein. Diese Entscheidung basierte entweder auf dem Ablauf der Verjährungsfrist oder auf mangelnden Beweisen. Die Missbrauchsvorwürfe gegen Manson kamen erstmals vor vier Jahren auf.
Bernexpo räumt Versäumnis ein
Tom Winter, CEO der Bernexpo AG, die die Festhalle betreibt, räumte die Kritik ein. Er bestätigte, dass Gespräche zwischen der Stadt Bern und Bernexpo bezüglich des umstrittenen Konzerts stattgefunden haben.
Winter erklärte, dass Bernexpo die Kommentare der Stadtpräsidentin ernst nehme. Er betonte, dass die Wahl der Künstler an ihrem Veranstaltungsort die Werte von Bernexpo widerspiegele, auch wenn sie nur den Ort zur Verfügung stellen.
Präzedenzfall Konzertabsage
- In Brighton, Grossbritannien, führte eine ähnliche öffentliche Kampagne zur Absage eines Marilyn Manson Konzerts, das für Ende Oktober geplant war.
- Die Show in Brighton wurde Ende Juni nach erheblichem öffentlichem Druck abgesagt.
Der Buchungsprozess von Bernexpo beinhaltet, dass Agenturen mit Veranstaltungsvorschlägen an sie herantreten. Diese Vorschläge werden dann intern, unter Einbeziehung des Managementteams, nach dem Vier-Augen-Prinzip besprochen. Die zentrale Frage bei diesen Diskussionen ist, ob der Künstler mit den Werten des Unternehmens übereinstimmt.
Laut Winter hat Bernexpo in den letzten zwölf Monaten mindestens sieben Veranstaltungen abgelehnt. Diese Veranstaltungen wurden nicht weiterverfolgt, weil sie als "sensibel oder nicht geeignet" für den Veranstaltungsort erachtet wurden.
Buchungsprozess wird überprüft
Winter gab zu, dass im Fall von Manson bei der Überprüfung "nicht alle Aspekte" berücksichtigt wurden. Er räumte ein, dass das Team wusste, dass Manson ein Künstler war, der "Grenzen überschreitet". Die Missbrauchsvorwürfe waren jedoch nicht Teil der Diskussion.
"Im Nachhinein ist das bedauerlich", sagte Winter. Er versprach einen gründlicheren Überprüfungsprozess für zukünftige Buchungen in der Berner Festhalle. Stadtpräsidentin Kruit zeigte sich zufrieden, dass Bernexpo "an ihren Prozessen arbeitet und beabsichtigt, den Buchungsprozess in Zukunft genauer zu prüfen."
Kunstfreiheit und finanzielle Realitäten
Während er die Notwendigkeit einer sorgfältigeren Prüfung anerkannte, betonte Tom Winter auch die Bedeutung, "kantige" und provokative Kunst in der Festhalle zuzulassen. Er stimmte zu, dass Mansons mutmassliche Vergehen nicht mit den Werten von Bernexpo vereinbar sind.
Die Entscheidung, das Konzert fortzusetzen, wird jedoch auch von finanziellen Faktoren beeinflusst. Sobald ein Vertrag unterzeichnet und Tickets verkauft sind, zieht die Absage einer Veranstaltung erhebliche finanzielle Strafen nach sich. Diese Kosten können nicht einfach erstattet werden.
Winter hob die finanziellen Realitäten der Veranstaltungsbranche hervor. "Wenn ein Vertrag unterschrieben ist und Tickets im Verkauf sind, reden wir über Summen, die wir nicht einfach zurückerstatten können", erklärte er. "Das sind Realitäten in der Eventbranche, die andere wahrscheinlich auch kennen, nicht nur wir."
- Vertragliche Verpflichtungen: Unterzeichnete Vereinbarungen machen Absagen finanziell kostspielig.
- Ticketverkäufe: Rückerstattungen für verkaufte Tickets stellen erhebliche finanzielle Verluste dar.
- Branchennormen: Diese finanziellen Einschränkungen sind im gesamten Veranstaltungssektor üblich.
Die Diskussion um umstrittene Künstler geht über Marilyn Manson hinaus. Mitte November soll auch der deutsche Komiker Felix Lobrecht in der Festhalle auftreten. Lobrecht wurde Sexismus vorgeworfen, wobei sich diese Vorwürfe auf kontroverse Witze in seinen Bühnenshows beziehen, nicht auf privates Fehlverhalten.
Öffentliche Reaktion und zukünftige Auswirkungen
Die anhaltende Debatte verdeutlicht die Spannung zwischen Kunstfreiheit, öffentlicher Sensibilität und den finanziellen Verpflichtungen von Veranstaltungsortbetreibern. Die öffentliche Reaktion, wie sie die Petition zeigt, verdeutlicht eine wachsende Forderung nach Rechenschaft von Künstlern und Veranstaltungsorten gleichermassen.
Das Engagement von Bernexpo, ihre Buchungsprozesse zu überprüfen, deutet auf eine Verschiebung hin zu umfassenderen Bewertungen. Dies beinhaltet die Berücksichtigung des öffentlichen Images eines Künstlers und früherer Kontroversen zusätzlich zu seinem künstlerischen Wert.
Der Vorfall dient als Fallstudie für andere Veranstaltungsorte und Eventorganisatoren. Er unterstreicht die Bedeutung einer proaktiven Risikobewertung und einer klaren Kommunikation sowohl mit Künstlern als auch mit der Öffentlichkeit. Das Ausbalancieren unterschiedlicher Erwartungen bleibt eine zentrale Herausforderung für kulturelle Institutionen.




